Arteriosklerose, auch „Gefäßverkalkung“ genannt, ist eine chronische Entzündung der Arterienwände, die über Jahre hinweg zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit führen kann. Während klassische Risikofaktoren wie Cholesterin, Blutdruck und Blutzucker gut bekannt sind, rückt die moderne Diagnostik zunehmend neue Marker in den Vordergrund, die eine frühere und präzisere Einschätzung des individuellen Risikos ermöglichen. Besonders zwei Eiweißstoffe stehen dabei seit einigen Jahren im Fokus: Apolipoprotein B (ApoB) und die Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A₂.

Heute möchte ich Ihnen beide Marker etwas näher erläutern.

Apolipoprotein B ist das Hauptstrukturprotein aller atherogenen Lipoproteine, insbesondere von LDL („Low Density Lipoprotein“), VLDL („Very Low Density Lipoprotein“) und IDL (Intermediate Density Lipoprotein) sowie in Lipoprotein a. Jedes dieser Partikel trägt genau ein Molekül ApoB. Das bedeutet: Die Konzentration von ApoB im Blut spiegelt die Anzahl der atherogenen Partikel wider – und nicht nur deren Cholesterininhalt.

Studien zeigen, dass ApoB ein besserer Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse ist als das klassische LDL-Cholesterin. Zwei Menschen können denselben LDL-Wert haben, aber sehr unterschiedliche ApoB-Konzentrationen – und damit auch ein unterschiedliches Risiko. Eine hohe Anzahl kleiner, dichter LDL-Partikel (und damit ein hoher ApoB-Wert) gilt als besonders gefährlich, da diese Partikel leichter in die Gefäßwand eindringen und dort Entzündungen auslösen. Oft ist der LDL-Wert trügerisch normal, während ApoB ein realistisches Bild des Gefäßrisikos liefert.

Der Referenzbereich für ApoB liegt 55 - 125 mg/dl (kann von Labor zu Labor variieren).

Während ApoB die Menge der „gefährlichen“ Partikel beschreibt, misst Lp-PLA₂ eine andere Dimension der Arteriosklerose: die wirkliche Entzündung in der Gefäßwand.

Lp-PLA₂, auch bekannt als „Plasmazym“ oder „Herz-spezifischer Entzündungsmarker“, ist ein Enzym, das in enger Verbindung mit bestimmten Blutfetten – vor allem dem „schlechten“ LDL-Cholesterin – steht. Es gehört zur Gruppe der Phospholipasen, also Enzymen, die Fette (Phospholipide) spalten. Es wird hauptsächlich von Entzündungszellen wie Monozyten und Makrophagen gebildet, die in den Gefäßwänden aktiv sind. Im Blut bindet das Enzym dann überwiegend an LDL-Partikel (etwa 80 %) und in geringerem Maße an HDL-Partikel (etwa 20 %).

Seine Aufgabe ist es, oxidierte Phospholipide – also beschädigte Fette, die durch oxidativen Stress entstehen – zu spalten. Dabei entstehen jedoch entzündungsfördernde Moleküle, insbesondere Lysophosphatidylcholin und freie Fettsäuren. Diese Substanzen reizen die Gefäßinnenwand (Endothel) und fördern Entzündungsreaktionen und Plaquebildung.

Erhöhte Werte von Lp-PLA₂ zeigen also an, dass oxidativer Stress und Entzündungsprozesse in den Gefäßen aktiv sind – ein entscheidender Schritt auf dem Weg von der reinen Fetteinlagerung zur gefährlichen Plaquebildung. In Kombination mit ApoB liefert Lp-PLA₂ daher ein umfassenderes Bild des Gefäßrisikos: Wie viele Partikel zirkulieren – und wie aktiv ist die Entzündung, die sie gefährlich macht.

Referenzbereiche können je nach Labor variieren, doch typischerweise gelten Werte unter 500 U/l als normal.

In Kombination mit ApoB erlaubt Lp-PLA₂ eine differenzierte Einschätzung:


  • ApoB → Wie viele atherogene Partikel sind vorhanden?
  • Lp-PLA₂ → Wie aktiv ist die Entzündung, die diese Partikel verursachen?

Gemeinsam geben diese Marker ein sehr genaues Bild des tatsächlichen Arterioskleroserisikos, viel genauer als die alleinige Messung des Gesamtcholesterins oder LDLs. Ergänzend empfehle ich stets die Bestimmung bewährter Marker, insbesondere von Homocystein, oxidiertem LDL und der Lipidperoxidation.


Quellen:
Thompson A, Gao P, Orfei L, et al.: Lipoprotein-associated phospholipase A(2) and risk of coronary disease, stroke, and mortality: collaborative analysis of 32 prospective studies. Lancet. 2010 May 1;375(9725):1536-44. doi: 10.1016/S0140-6736(10)60319-4. PMID: 20435228; PMCID: PMC2864403.

Galimberti F, Casula M, Olmastroni E. Apolipoprotein B compared with low-density lipoprotein cholesterol in the atherosclerotic cardiovascular diseases risk assessment. Pharmacol Res. 2023 Sep;195:106873. doi: 10.1016/j.phrs.2023.106873. Epub 2023 Jul 28. PMID: 37517561.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.


Das Bild zeigt ein Porträt der News-Autorin Kyra Kauffmann.