Den Begriff kannte ich bis vor Kurzem auch noch nicht. Bei Postbiotika handelt es sich um Stoffwechselprodukte, die durch Fermentation entstehen, wie z. B. Essigsäure, Milchsäure oder andere kurzkettige Fettsäuren. Genau diese Moleküle entstehen beim Herstellen eines Sauerteigbrotes und daher komme ich noch einmal auf das Thema Sauerteig zurück. Denn mich beschleicht das Gefühl, dass wir uns hier als Gesellschaft ein gigantisches Eigentor geschossen haben.

Was schätzen Sie, um wie viele Prozent kann ein Sauerteig, der korrekt mindestens vier Stunden bei Zimmertemperatur gereift ist und insgesamt mindestens 16 Stunden Verarbeitung erfahren hat, den Anteil an Gluten im Teig reduzieren? Ich hätte spontan angenommen, dass das so ca. 35 Prozent wären, was schon toll wäre. Doch weit gefehlt, es sind über 90 Prozent. Was man in diesem Zusammenhang auch wissen muss: Wir Menschen können dieses komplexe Eiweiß im Dünndarm nicht komplett verdauen, daher spricht man beim Sauerteig auch von einer Art Vorverdauung.

Ein normales Weizen- oder Dinkelbrot, welches heutzutage „normal“ mit Hefe gebacken wird, beinhaltet ca. 124.000 ppm Gluten. Nachdem der Sauerteig nach Vorschrift seine Arbeit verrichtet hat, beinhaltet das Brot unter 1000 ppm. Zudem wird die Phytinsäure, die natürlich im Getreide enthalten ist, abgebaut. Damit gilt das Brot nicht als glutenfrei, denn dafür müsste der Gehalt an Gluten unter 20 ppm liegen. Aber es ist aus meiner Sicht ein Ergebnis, mit dem ich nicht gerechnet habe und welches sehr wahrscheinlich erklärt, wieso diese Brote viel besser verträglich sind.

Doch kommen wir zurück zu den Postbiotika: Durch die Fermentation des Brotteigs wird eben nicht nur das für uns Menschen problematische Gluten abgebaut, sondern es entstehen Postbiotika und eine ganz spezielle Milchsäure, die dann in diesem Prozess auch die Phytinsäure hilft abzubauen, wodurch wir plötzlich in der Lage sind, die Mineralien, die im Getreide vorhanden sind, auch aufzunehmen. Aber es kommt noch ein Effekt ins Spiel, der im Hinblick auf Diabetes Typ-2 höchst interessant ist: Der Anstieg vom Blutzucker durch den Verzehr von Brot. In der Studie von Camila Kümmel Duarte wurde herausgefunden, dass die glykämische Last im Sauerteigbrot deutlich geringer ausfällt im Vergleich zum industriell hergestellten Brot, welches inzwischen Standard ist. Und das sollte nicht überraschen, da wir die Tipps und Tricks von Jessie Inchauspé (siehe https://www.strunz.ch/glukosespitzen.html) schon mal gehört haben und ein Trick war, Apfelessig vor einem Essen mit Kohlenhydraten zu sich zu nehmen. Das ist sozusagen im Sauerteig bereits enthalten durch die Postbiotika.

Fassen wir zusammen: Sauerteig reduziert das Gluten im Brot um über 90 Prozent, macht die Vitalstoffe für unsere Verdauung überhaupt erst verfügbar und lässt den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen. Warum wird Brot überhaupt auf eine andere Art und Weise hergestellt?


Quelle:
Sourdough Fermentation and Gluten Reduction: A Biotechnological Approach for Gluten-Related Disorders, Emma Mani-López et al., 2025, DOI: 10.3390/microbiolres16070161

Consumption of sourdough bread and changes in the glycemic control and satiety: A systematic review, Camila Kümmel Duarte et al., 2024, DOI: 10.1080/10408398.2022.2108756


Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”


Das Bild zeigt ein Porträt des News-Autors Robert Krug.