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Du bist, was du isst – oder was dein Mikrobiom im Mund draus macht…
Eine der am häufigsten ignorierten Weisheiten von vielen Medizinern ist: Die Verdauung beginnt im Mund! Während jedermann und seine Schwiegermutter inzwischen zum Fachmann für die Darmflora, auf Neudeutsch: Darm-Mikrobiom, mutiert ist, wissen nur wenige, dass eine „orale Dysbiose“ – eine „Gleichgewichtsstörung“ unter den rund 700 verschiedenen Mikroben-Arten im Mund – der Ausbreitung übelster krankmachender Keime Tür und Tor öffnen und dadurch das Risiko für systemische Erkrankungen erhöhen kann.
In PubMed finden sich zunehmend Reviews und Papers zur Grundlagen-Forschung - das „orale Mikrobiom“ kommt gerade in aller Munde an. Die Frage, was eigentlich im Mund lebt und wie wir dieses Ökosystem positiv beeinflussen können, ist allerdings mindestens ebenso komplex wie die Suche nach einem Patentrezept, mit dem sich das Darm-Mikrobiom auf „immer freundlich“ einstellen lässt.
Im Mund findet sich eine echte Multi-Kulti-WG: Von Bakterien über Viren und Pilze bis hin zu Protozoen einschließlich Amöben. Zu den oralen Bewohnern gehören unter anderem Streptokokken (einige Arten gelten als Karies-Erreger), Actinomyceten (können Parodontitis begünstigen), Milchsäurebakterien und auch Hefepilze. Selbst vermeintliche Darmbakterien oder Eiterkeime können vorkommen.
Klar ist: Schaffen es potentielle Übeltäter, sich breitzumachen, drohen neben Karies, Kieferentzündung oder Parodontitis auch systemische Erkrankungen, die von Rheuma, Autoimmun, Herz -und Darmerkrankungen bis hin zu Krebs reichen. Übrigens: Keime aus dem Mundraum wurden schon in entzündeten Bandscheiben bzw. Wirbelkörpern im Rücken gefunden ….
Die Zusammensetzung der Mikroben und wie sie sich verhalten, hängt von unzähligen Faktoren ab: Etwa von der Zusammensetzung des Speichels, der Abwehrstärke der Mundschleimhaut, vom Säure-Basen-Haushalt oder „Lifestyle-Sünden“ wie Alkohol oder Rauchen, von der Mundhygiene und nicht zuletzt von der Vitamin-und Mineralstoffversorgung. Selbst das Material von Zahnfüllungen (z.B. Kunststoff oder Metall), -prothetik oder die Zahnpasta nimmt Einfluss auf das Mikrobiom.
Was also schmeckt hauptsächlich den gutartigen Mikroben? Klingt schwierig, ist aber einfach: Low Carb (auch LCHF) als Langzeiternährung entzieht „Zucker-Junkies“ unter den Keimen (u.a. Karies-Streptokokken) ihren bevorzugten Treibstoff; sie wandeln ihn in Säuren um, die den Zahnschmelz schädigen. Zusätzlich blöd: Auch der optimale pH-Bereich für das Wachstum von Hefepilzen liegt im sauren Bereich (4-6)…Selbst der Atemwegsinfektions-Erreger Pseudomonas aeruginosa kann mithilfe von Zucker wachsen. Und: Hohe Speicheldrüsen-Glukosespiegel, wie sie bei Diabetikern vorkommen, begünstigen das Wachstum von krankmachenden Besiedlern im Mund.
Gesunde Blutwerte der Vitamin C und D scheinen für das Mund-Mikrobiom wichtig zu sein: Vitamin D wirkt immunmodulierend und fördert die Vielfalt in der oralen Mikroben-WG, Vitamin C stärkt das Zahnfleisch und hemmt so manch pathogenen Keim an einer Biofilm-Bildung.
Einen Versuch wert: Täglich fünf bis 20 Minuten Ölziehen mit einem Esslöffel Palmöl! Kokos-und Palmöl haben bekannte antimykotische und antimikrobielle Effekte. Was die Reduzierung von Karies-Keimen angeht, ist Palmöl sogar dem Kokosöl überlegen – randomisierte thailändische Crossover-Studie.
Und natürlich: Zähneputzen und die regelmäßige Reinigung der Zahnzwischenräume nicht vergessen! DAS schmeckt bösen Mikroben am wenigsten.
Quellen:
Peng X, Cheng L, You Y, Tang C, Ren B, Li Y, Xu X, Zhou X. Oral microbiota in human systematic diseases. Int J Oral Sci. 2022 Mar 2;14(1):14. doi: 10.1038/s41368-022-00163-7. PMID: 35236828; PMCID: PMC8891310.
Joerger AK, Zahn M, Albrecht C, Nieberler M, Deppe H, Wostrack M, Meyer B. Pyogenic spondylodiscitis from oral odontogenic origins: a frequently overlooked entity. Spine J. 2025 Jun;25(6):1247-1254. doi: 10.1016/j.spinee.2024.12.019. Epub 2024 Dec 16. PMID: 39694447.
Akimbekov NS, Digel I, Yerezhepov AY, Shardarbek RS, Wu X, Zha J. Nutritional factors influencing microbiota-mediated colonization resistance of the oral cavity: A literature review. Front Nutr. 2022 Oct 20;9:1029324. doi: 10.3389/fnut.2022.1029324. PMID: 36337619; PMCID: PMC9630914.
Murtaza N, Burke LM, Vlahovich N, Charlesson B, O'Neill HM, Ross ML, Campbell KL, Krause L, Morrison M. Analysis of the Effects of Dietary Pattern on the Oral Microbiome of Elite Endurance Athletes. Nutrients. 2019 Mar 13;11(3):614. doi: 10
Siripaiboonpong N, Matangkasombut O, Pengcharoen H, Boonchaiyapluk B, Rujiraprasert P, Srithanyarat SS. Microbiological Effects of Virgin Coconut Oil Pulling in Comparison with Palm Oil Pulling as an Adjunctive Oral Hygiene Care for Patients with Gingival Inflammation: A Randomized Controlled Clinical Trial. J Indian Soc Periodontol. 2022 Jan-Feb;26(1):58-63. doi: 10.4103/jisp.jisp_768_20. Epub 2021 Sep 27. PMID: 35136318; PMCID: PMC8796787.
https://theconversation.com/how-does-toothpaste-affect-the-good-bacteria-in-your-mouth-250826
Über die Autorin:
Marion Meiners ist ausgebildete Verlagskauffrau und Journalistin und arbeitete viele Jahre für Zeitschriften als Redakteurin für Gesundheit und Ernährung. Zusammen mit Labor-Professor Hans-Peter Seelig schrieb sie das Buch „Laborwerte klar und verständlich“.
Ihre Begeisterung für Medizinthemen entdeckte sie in frühen Berufsjahren, nachdem ihr eine Verwandte einen Pschyrembel schenkte. Seither heißt ihr digitales „Wohnzimmer“ PubMed und die Faszination für die Ursachen-Fahndung bei Krankheiten sowie die Effekte von Ernährung und Lebensstil auf die Gesundheit hält an.
Das sagt sie über ihre Tätigkeit:
„Alles hängt mit allem zusammen im Körper. Das ist leider in unserer „Schubladen“-Medizin noch nicht so ganz angekommen. Ein Nährstoffmangel kann etwa ebenso fatale Auswirkung auf alle Organsysteme haben wie z.B. ein kranker Zahn. Umgekehrt kann schon eine veränderte Zusammenstellung der Makro-oder Mikronährstoffe in der Ernährung gigantische therapeutische Effekte entfalten. Welche, und wie gut belegt diese sind – darüber möchte ich informieren.“
