Viele Menschen kennen das: Es juckt plötzlich auf der Haut, der Magen rumort scheinbar grundlos, man fühlt sich gereizt oder müde – und Untersuchungen ergeben keinen klaren Befund. In der Praxis begegnen wir immer wieder solchen Beschwerden, die zunächst keine eindeutige Ursache zu haben scheinen. Oft zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass bestimmte Botenstoffe im Körper daran beteiligt sind – insbesondere Histamin und Substanz P.

Beide Stoffe wirken auch im Nervensystem – und können erklären, warum manche Menschen so stark auf scheinbar harmlose Reize reagieren.

Histamin kennen regelmäßige Strunz-News-Leser bereits. Er ist ein körpereigener Stoff, der vorwiegend in sogenannten Mastzellen gespeichert ist. Diese Zellen sind Teil unseres Immunsystems und kommen in der Haut, in den Schleimhäuten und in anderen Geweben vor. Histamin wird freigesetzt, wenn der Körper gereizt wird – zum Beispiel durch Allergene wie Pollen oder Tierhaare, durch physikalische Reize wie Hitze, Kälte oder Druck, oder auch durch und – das wird oftmals übersehen – vor allem bei psychischem Stress.

Ist Histamin erst einmal im Gewebe aktiv, reizt es die feinen Nervenendigungen, was sich als Juckreiz oder Brennen äußern kann.

Substanz P ist ein Botenstoff, der hauptsächlich in kleinen Nervenzellen des peripheren Nervensystems produziert wird. Er wird immer dann freigesetzt, wenn das Gewebe gereizt oder verletzt wird – also bei Hitze, Druck, Entzündungen, aber auch unter psychischer Belastung, vor allem bei Angst. Im Körper sorgt Substanz P dafür, dass Schmerzreize an das Rückenmark und von dort ans Gehirn weitergeleitet werden. Gleichzeitig beeinflusst sie die Durchblutung des Gewebes und kann – ähnlich wie Histamin – zu Rötung und Schwellung führen. Besonders wichtig ist: Substanz P kann Mastzellen aktivieren, sodass diese wiederum Histamin freisetzen.

Man kann sagen: Substanz P ist ein Vermittler zwischen Körper und Gefühl – sie spielt eine zentrale Rolle bei chronischen Schmerzen, bei stressbedingten Erkrankungen und bei sogenannten funktionellen Beschwerden, also Symptomen ohne organisch fassbare Ursache.

Treffen Histamin und Substanz P im Körpergewebe aufeinander, können sie sich gegenseitig verstärken. Substanz P aktiviert die Mastzellen, die dann Histamin ausschütten – und das Histamin reizt wiederum Nervenendigungen, sodass mehr Schmerz, Juckreiz oder Schwellung entsteht. Diese sogenannte neurogene Entzündung ist ein komplexer Prozess, der bei vielen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt.

Besonders bedeutsam ist dieses Zusammenspiel zum Beispiel bei Migräne, wo es zu einer gesteigerten Durchblutung im Gehirn und einer zentralen Schmerzverstärkung kommt. Auch beim Reizdarmsyndrom findet man häufig eine überempfindliche Darmwand, die stark auf Nervenreize reagiert. Gegen die Wirkung von Substanz P kommen in bestimmten Fällen spezielle Wirkstoffe zum Einsatz, sogenannte NK1-Rezeptor-Blocker (Neurokinin-1-Rezeptor-Blocker).

Aber auch psychosomatische Verfahren, wie Achtsamkeit, Entspannungsübungen und Meditation,, können dazu beitragen, das Zusammenspiel von Nervensystem, Psyche und Immunsystem zu beruhigen.

Histamin und Substanz P zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie eng unser Körper mit der Seele verbunden ist. Beschwerden wie Juckreiz, Schmerzen oder Verdauungsprobleme lassen sich oft besser verstehen, wenn man die Signale des Körpers ernst nimmt – und auch die seelische Ebene einbezieht.


Quellen:
Atencio ASM, de Manzo FAP, Velasco M. Role of Histamine as a Peripheral Sympathetic Neuromediator and its Interrelation with Substance P. Curr Pharm Des. 2020;26(35):4486-4495. doi: 10.2174/1381612826666200813132951. PMID: 32787755.

Fischer L, Lavoranti MI, de Oliveira Borges M, Miksza AF, Sardi NF, Martynhak BJ, Tambeli CH, Parada CA. TRPA1, substance P, histamine and 5-hydroxytryptamine interact in an interdependent way to induce nociception. Inflamm Res. 2017 Apr;66(4):311-322. doi: 10.1007/s00011-016-1015-1. Epub 2016 Nov 30. PMID: 27904941.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.