Ashwagandha klingt wie ein Zauberspruch aus Harry Potter, beruhigt aber eher den Cortisolspiegel als Dementoren. Die indische Schlafbeere, auch als Withania somnifera oder indischer Ginseng bekannt, hat sich vom ayurvedischen Medizinkraut zur globalen Trendpflanze gemausert.

Doch nun rauscht es mal wieder im Blätterwald und Ashwagandha gerät zunehmend als Bösewicht in die Schlagzeilen. Die beliebte Heilpflanze soll Leberschäden auslösen, und die Verunsicherung der Verbraucher wächst. Eine meiner Patientinnen wendete sich daher besorgt an ihren Hausarzt, der ihr mit erhobenem Zeigefinger riet von „diesem dubiosen Mist bloß die Finger zu lassen“.

Stattdessen erhielt die Patientin – freilich ohne bei ihr vorher die Leberwerte einmal zu überprüfen – gegen ihre Stress-Symptome und den schlechten Schlaf ein Antidepressivum. Wie war nochmal der Spruch mit dem Teufel und dem Beelzebub?

Zeit für einen nüchternen Blick:

Ashwagandha gehört zu den Adaptogenen – pflanzlichen Helfern, die den Körper unterstützen, besser mit Stress umgehen zu können.

Studien zeigen: Ashwagandha senkt den Cortisolspiegel, verbessert die Schlafqualität und hebt die Stimmung. Und das meist ohne unangenehme Nebenwirkungen – jedenfalls, wenn man das Richtige einnimmt.

Denn genau hier liegt der Haken: Ashwagandha ist ein Nachtschattengewächs.

Genau wie unsere Kartoffel. Für Beide gilt: Nur die Wurzel ist bekömmlich.

Blätter, Blüten, Früchte und Samen enthalten giftige Alkaloide. Leider mischen windige Hersteller zur Kostensenkung gern mal ALLES in den Mixer. Ist ja schließlich immer noch Ashwagandha, nur halt der falsche Teil der Pflanze. Das Resultat: ein toxisches Kräutergemisch, oft noch garniert mit Pestiziden, Schwermetallen und Schimmelpilzen. Selbstverständlich schadet so ein Giftcocktail der Leber.

Aber warum wird überhaupt geschummelt? Ganz einfach: Der Bedarf an Ashwagandha in Indien liegt schätzungsweise bei 7.000 Tonnen jährlich – dort produziert werden aber nur rund 1.500 Tonnen. Da liegt die Versuchung nahe, die Wurzeln mit Blättern zu strecken.

Aber es gibt auch seriöse Hersteller. Ein bewährter Rohstoff heißt KSM-66 – ein Qualitätsprodukt, bei dem nur verwendet wird, was auch verwendet werden sollte, nämlich standardisierter Bio-Ashwagandha-Extrakt aus der Wurzel.

Tatsächlich, selbst KSM-66 taucht in Fallberichten über Leberschäden auf.

Aber, wenn Millionen Menschen Ashwagandha nehmen und eine Handvoll davon erhöhte Leberwerte entwickeln, ist das noch kein Beweis für einen Zusammenhang. Die Leber hat schließlich viele Feinde: Viren, Alkohol, Medikamente, Fastfood und vor allem die Leberverfettung.

Darum lassen Sie doch sicherheitshalber einmal die Leberwerte checken, bevor Sie mit Ashwagandha starten. Die Messung von GOT, GPT und Gamma-GT im Blut ist auch als Selbstzahler kein großer Kostenpunkt.

Schwangere, Stillende und Kinder sollten Ashwagandha ohnehin nicht einnehmen. Ebenfalls kontraindiziert ist Ashwagandha bei Menschen mit einer Überfunktion der Schilddrüse.

Fazit: Ashwagandha ist kein schwarzer Magier.

Aber wie bei allen mächtigen Mitteln entscheidet die Dosis und die Qualität.

Der Patronus kommt eben nur mit dem richtigen Zauberspruch.
In diesem Sinne: Expecto Patronum!


Quellen:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34559859/
Ashwagandha und Schlaf. 5 Studien 400 Teilnehmer

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39348746/
Auswirkungen von Ashwagandha (Withania Somnifera) auf Stress und Angst: Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23439798/
Eine prospektive, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit eines hochkonzentrierten Vollspektrum-Extrakts der Ashwagandha-Wurzel bei der Verringerung von Stress und Angstzuständen bei Erwachsenen

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26609282/
Untersuchung der Wirkung der Withania somnifera-Supplementierung auf die Muskelkraft und -regeneration: eine randomisierte kontrollierte Studie

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34553463/
Wirkung eines Ashwagandha (Withania Somnifera) Wurzelextrakts auf klimakterische Symptome bei Frauen während der Perimenopause: Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie


Über die Autorin:


"Die Biologin Ursula Bien, Jahrgang 1963, ging nach ihrer Zeit am Institut für Biotechnologie des Forschungszentrums Jülich in die Pharmaindustrie und war zuletzt 15 Jahre lang Geschäftsführerin eines kleinen forschenden Pharmaunternehmens. Ihr Arbeitsschwerpunkt lag dabei immer im Bereich der Hämatologie und Onkologie (Blutkrebs, Stammzelltransplantation, Tumore). Motiviert durch Fragen krebskranker Patienten, begann sie sich mit alternativen und komplementären Therapieverfahren zu beschäftigen. Sie absolvierte eine Zusatzausbildung als Heilpraktikerin und bildete sich über viele Jahre intensiv zu den Themen orthomolekulare Medizin und Ernährungsmedizin weiter. Nicht zuletzt durch den wissenschaftlichen Austausch mit Dr. med. Ulrich Strunz fand sie zum Thema Epigenetik und Bluttuning. Mittlerweile gibt sie die „Strunzsche Philosophie“ in eigener Praxis voller Überzeugung auch an ihre Patienten weiter.
Das sagt sie selbst zu ihrer Tätigkeit:

„So sinnvoll die Schulmedizin in vielen Bereichen auch ist, darf es bei chronischen Erkrankungen nicht das Ziel sein, Symptome zu unterdrücken. Es gilt, die Ursachen einer Erkrankung zu finden und abzustellen. Was durch Ernährungsumstellung, gezielte Zufuhr fehlender Mikronährstoffe und Bewegung erreicht werden kann, ist immer wieder verblüffend. Ich bin Dr. Strunz für das, was ich von ihm lernen durfte unendlich dankbar und freue mich für jeden Menschen, der am eigenen Leibe erfahren darf, dass manche Krankheiten nicht nur Schicksal sind.“