Wenn ich früher das Wort „Krafttraining“ gehört habe, hatte ich sofort Bilder von breiten Männern vor Augen, die stöhnend riesige Gewichte stemmen. Hantelbänke, aufgepumpte Bizeps, Muskelshirts – nichts davon fühlte sich nach mir an. Und ich weiß, dass es vielen Frauen genauso geht. Krafttraining schien eine Welt zu sein, in der ich nichts verloren hatte. Ich hielt mich an Ausdauertraining, Wandern, Yoga oder vielleicht mal eine Pilates-Einheit.

Doch irgendwann kam der Wendepunkt. Nicht durch einen Fitnesscoach oder einen Werbespot, sondern durch Rückenschmerzen und eigene Recherche. Ich hatte Krafttraining völlig unterschätzt. Nicht als Mittel zum Muskelwachstum, sondern als Schlüssel zur allgemeinen Gesundheit. Besonders für uns Frauen.

Krafttraining ist nicht nur sinnvoll – es ist ein Muss: Wer seine Knochen langfristig stark und stabil halten will, kommt an gezieltem Krafttraining kaum vorbei. Es gehört zu den wirkungsvollsten Maßnahmen, um dem natürlichen Knochenschwund im Alter aktiv entgegenzuwirken.

Wie ich bereits in der letzten News erwähnt habe: Unsere Knochen sind keine leblosen Gerüste, sondern hochaktives Gewebe, das sich ständig erneuert. Mikronährstoffe und Hormone spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber das ist nur die halbe Miete.
Erst wenn wir sie fordern – durch Druck, Zug und Belastung beim Krafttraining – kommt der Knochenstoffwechsel richtig in Fahrt. Dann nämlich wird der Umbauprozess erst so richtig in Gang gesetzt.

Jedes Mal, wenn Sie ein Gewicht heben, erzeugen Sie einen mechanischen Reiz. Spezialisierte Zellen im Knochen (Osteozyten) registrieren diese Belastung wie kleine Antennen und geben den Befehl zur Verstärkung. Die Osteoblasten – quasi die Bauarbeiter des Knochens – lagern daraufhin vermehrt Mineralsalze ein, insbesondere Kalzium und Phosphat. Das Ergebnis: Der Knochen wird dichter, stabiler und widerstandsfähiger.

Bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnt unser Körper, langsam, aber stetig an Knochenmasse zu verlieren. Krafttraining wirkt hier wie eine Schutzschicht: Es bremst den Abbau, kann die Knochendichte sogar wieder erhöhen und senkt nachweislich das Risiko für Knochenbrüche, vor allem an besonders gefährdeten Stellen wie Hüfte, Wirbelsäule und Handgelenken.

Eine bemerkenswerte Studie der Universität Erlangen begleitete über einen Zeitraum von 16 Jahren 137 Frauen ab einem Durchschnittsalter von 55 Jahren. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmerinnen, die regelmäßig Krafttraining betrieben, im Durchschnitt nur 1,8 % ihrer Knochenmasse verloren. Im Gegensatz dazu verzeichnete die inaktive Kontrollgruppe einen Verlust von etwa 10 %. Zudem traten in der Trainingsgruppe deutlich weniger Knochenbrüche auf.

Besonders wirkungsvoll ist das Training, wenn es mit einer gewissen Intensität erfolgt. Studien zeigen: Je höher die Belastung, desto stärker die Anpassungsreaktion der Knochen. Wichtig ist dabei nicht nur die Menge, sondern auch die Vielfalt. Unterschiedliche Übungen, wechselnde Winkel, variierende Gewichte – all das trägt dazu bei, möglichst viele Knochenbereiche zu stimulieren.

Die wissenschaftlichen Empfehlungen sind eindeutig: Zwei bis drei intensive Krafttrainingseinheiten pro Woche reichen bereits aus, um positive Effekte auf die Knochendichte zu erzielen. Wer nur unregelmäßig trainiert, darf leider nicht auf nachhaltige Ergebnisse hoffen. Regelmäßigkeit und Belastung sind die Zauberformel. Und vor allem eine kontinuierliche Steigerung der Intensität!

Krafttraining ist definitiv mehr als Sport – es ist aktive Gesundheitsvorsorge für den gesamten Körper.


Quellen:
Kemmler W, von Stengel S, Kohl M. Exercise frequency and bone mineral density development in exercising postmenopausal osteopenic women. Is there a critical dose of exercise for affecting bone? Results of the Erlangen Fitness and Osteoporosis Prevention Study. Bone. 2016 Aug;89:1-6. doi: 10.1016/j.bone.2016.04.019. Epub 2016 Apr 21. PMID: 27108341.

Mohebbi R, Shojaa M, Kohl M, von Stengel S, Jakob F, Kerschan-Schindl K, Lange U, Peters S, Thomasius F, Uder M, Kemmler W. Exercise training and bone mineral density in postmenopausal women: an updated systematic review and meta-analysis of intervention studies with emphasis on potential moderators. Osteoporos Int. 2023 Jul;34(7):1145-1178. doi: 10.1007/s00198-023-06682-1. Epub 2023 Feb 7. PMID: 36749350; PMCID: PMC10282053.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.