Wussten Sie, dass Frauen bis zum 70. Lebensjahr bis zu 40 % ihrer Knochenmasse verlieren können? Klingt dramatisch? Ist es auch. Aber: Was sich bedrohlich anhört, lässt sich – erfreulicherweise - mit dem richtigen Wissen und Massnahmen entschärfen.

Denn: Unsere Knochen sind nicht einfach starre Stützen. Sie leben – und sie verändern sich. Bis etwa zum 30. Lebensjahr bauen wir unsere maximale Knochendichte auf, die sogenannte „Peak Bone Mass“. Danach beginnt ein stiller Abbauprozess. Ganz normal, aber nicht harmlos. Und zwar nicht erst mit 60 Jahren, sondern tatsächlich ab Anfang 30. Bei dem einen schneller, bei dem anderen langsamer. Frauen sind hier leider benachteiligt, vor allem, wenn das Östrogen, das einen immensen Effekt auf den Knochenstoffwechsel hat, sinkt. Bereits ab der Perimenopause, also ab Anfang 40, sinkt die Knochenmasse. Einige meiner Patientinnen haben bereits mit Mitte 40 eine manifeste Osteoporose. Meistens sind das dann Zufallsbefunde, denn eine Früherkennung existiert in Deutschland nicht.

In den vergangenen Jahren haben Forscher das Rätsel des Knochenstoffwechsels nahezu gelöst – die Prozesse sind heute besser verstanden denn je. Doch während die Wissenschaft große Fortschritte feiert, hinkt die Praxis wie in vielen anderen Bereichen in der Medizin hinterher: In Deutschland fehlt es weiterhin an Aufklärung. Früherkennung und selbst ein einfaches Vitamin-D-Monitoring sucht man vergeblich. Wie kann das sein, wo doch gesunde Knochen für unser Wohlbefinden so entscheidend sind?

„Nehmen Sie halt mal 800 I.E. Vitamin D am Tag, aber bloß nicht mehr. Und Calcium bekommen Sie eh schon genug.“, diese und andere Sätze müssen sich Patientinnen und Patienten anhören. Das Schlimme ist: Sie wähnen sich mit solchen „Empfehlungen“ auf der sicheren Seite.

Was passiert aber genau in den Knochen? Es ist ein komplexes Tauziehen: Aufbau gegen Abbau: Zwei Proteine geben hier den Ton an: RANKL (Receptor Activator of Nuclear Factor Kappa-B Ligand) und OPG (Osteoprotegerin). Während RANKL den Abbau fördert, bremst OPG ihn aus – wie Gas und Bremse im Knochensystem.

Wenn RANKL Überhand gewinnt, wird es kritisch: Die knochenfressenden Zellen, die Osteoklasten, werden aktiv – und das Skelett verliert an Stabilität. OPG wirkt dagegen wie ein cleverer Trickspieler: Es bindet RANKL, bevor es Unheil anrichten kann.

Wussten Sie, dass Vitamin D3 wie ein Dirigent im Orchester des Knochenstoffwechsels wirkt: Einerseits kurbelt es die Produktion von RANKL an, was den natürlichen Knochenabbau fördert. Gleichzeitig sorgt es aber dafür, dass OPG – der Gegenspieler von RANKL – reguliert wird und so der Knochenabbau nicht überhandnimmt.

Doch für starke und gesunde Knochen reicht Vitamin D3 allein nicht aus! Für die feine Abstimmung zwischen RANKL und OPG braucht unser Körper noch viele weitere Mitspieler, z. B.

  • Vitamin K:
    Oft vergessen: Vitamin K aktiviert das knochenstärkende Osteocalcin und hilft, OPG zu pushen. Ohne „K“ – keine Knochengesundheit.

  • Östrogen:
    Östrogene drücken RANKL runter und lassen OPG steigen. Kein Wunder also, dass in den Wechseljahren plötzlich der Knochenabbau durch die Decke geht.

  • Magnesium:
    Der Alleskönner – auch im Knochenstoffwechsel. Fehlt Magnesium, gerät das Gleichgewicht ins Wanken. RANKL jubelt, OPG verliert.

  • Zink:
    Auch massiv unterschätzt: Zink stärkt die Osteoblasten, fördert OPG, hemmt RANKL

Und jetzt kommt noch Vitamin B2 (Riboflavin) ins Spiel.

Eine große US-Studie mit über 4.000 Frauen hat gezeigt: Ein Mangel an Vitamin B2 erhöht das Risiko für Knochenbrüche und senkt die Knochendichte. Vor allem Frauen sind betroffen.

Warum das so ist? Vitamin B2 wird in den Coenzymen FAD und FMN gebraucht – kleine, aber mächtige Helfer, die die Zellkraftwerke, unsere Mitochondrien, am Laufen halten. Ohne sie fehlt den Knochenzellen Energie. Und als wäre das nicht genug, schützt B2 auch vor oxidativem Stress, der still und leise den Knochenabbau antreibt.

Setzen Sie nicht alles auf Vitamin D allein. Unsere Knochen wollen Vielfalt: Magnesium, K2, Zink, Riboflavin – das volle Programm. Nicht zu vergessen Bor (siehe meine News vom 8.2.2025). Und auch Hormone, Bewegung, Sonne und eine ausgewogene Ernährung gehören dazu.

Vitamin B2 finden Sie übrigens in Fleisch, Milchprodukten, Eiern, grünem Gemüse und Nüssen. Sowie in einem guten Vitamin B-Komplex-Präparat.

Starke Knochen sind kein Zufall. Sie sind das Ergebnis kluger Entscheidungen – jeden Tag.

Lassen Sie bitte regelmäßig Ihre Knochendichte (Kosten: ca. 70 Euro) und Ihren Mikronährstoffstatus checken.


Quellen:
QuianKun Yang et al., Dietary riboflavin (vitamin B2) intake and osteoporosis in U.S. female adults: unveiling of association and exploration of potential molecular mechanisms. In: Nutrition Journal, online 07.04.2025, doi: 10.1186/s12937-025-01103-x.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.