Neu ist in der Medizin eine Modeerscheinung. Es entsteht oft der Eindruck, dass Fortschritt immer mit Voranschreiten verbunden ist. Das sehe ich anders.

Natürlich will heute keiner mehr auf dem OP-Tisch liegen, während der Arzt mit nackten Händen und ohne Betäubung zur Klinge greift. Erst Pioniere wie Ignaz Semmelweis, Joseph Lister und Robert Koch machten aus dem reinen Überlebensversuch einen medizinischen Eingriff. Sie entdeckten, dass Unsichtbares – Bakterien, Hygiene, Desinfektion – über Leben und Tod entscheidet. Und damit begann die moderne Medizin.

Heute wird das Gefühl vermittelt, dass wir alles über den Körper wissen. Das wir ihn bis in das kleinste Detail kennen, wir eine Lösung für all seine Macken haben. Aber Fortschritt hat zwei Gesichter. Denken Sie nur an die GLP-1-Analoga – die „Abnehmspritze“. Was zur Therapie von Diabetes- und Adipositas gedacht war, wird zum Abnehmen missbraucht. So wird Appetitlosigkeit zum Lifestyle und Risiken für Magen-Darm-Erkrankungen, Gallengangs- und Pankresprobleme, Arthrose, Nierenschädigung oder Osteoporose sind kein Bestandteil der Nutzen-Risiko-Bewertung mehr.

Auch und insbesondere Antibiotika retteten unzähligen Menschen das Leben. Doch schon der Erfinder des Penicillins Alexander Fleming postulierte nach seinem Nobelpreis im Jahr 1945:


„Der gedankenlose Mensch, der leichtfertig mit Penicillin umgeht, trägt moralische Verantwortung für den Tod desjenigen, der schließlich an einer Penicillin-resistenten Infektion stirbt.“


Im neuen Jahrtausend haben wir das Kunststück vollbracht, aus einem Wundermittel eine Waffe gegen uns selbst zu machen. Durch den massenhaften, oft achtlosen Gebrauch, haben wir jenen Mikroorganismen wieder Macht gegeben, die wir längst besiegt glaubten. Laut WHO stehen antibiotikaresistente Infektionen inzwischen mit rund fünf Millionen Todesfällen pro Jahr in Zusammenhang. Die Tendenz ist steigend.

Die Fortschritte der Wissenschaft sind als komplementär zu dem zu verstehen, was sich mit der Zeit als heilend etabliert hat. Das ist die wahre Kunst in der Medizin: Den Menschen als Individuum zu akzeptieren, zu analysieren, zu verstehen – und dann in Kombinationen mit dem Wissen aus gut einem Jahrhundert, das Richtige zu tun.

Es ist absurd, da manchmal Prinzipien, die längst vergessen schienen, sich als erstaunlich modern erweisen. Schon in der Antike – und sogar in der Bibel – wurde bereits das Fasten als Heilmittel beschrieben. Der Junge mit Krämpfen, den Jesus in Markus 9, 29 heilt, wird nicht durch ein Medikament gesund, sondern durch „Beten und Fasten“. Jahrtausende später findet die Wissenschaft denselben Mechanismus wieder: Ketogene Ernährung senkt bei (therapieresistenter) Epilepsie neuronale Übererregbarkeit und kann bis zur kompletten Anfallsfreiheit führen.

In der Geschichte der Medizin habe ich gelernt, dass der Mensch nicht immer auf dem richtigen Pfad unterwegs war. Wir bohrten uns einst Löcher in den Kopf, um böse Geister zu befreien, schluckten Quecksilber bei Syphilis oder therapierten Fieber durch Aderlass. Zum Glück hat sich bis heute so einiges geändert!

Am Ende bleibt die Medizin aber doch, was sie immer war: nur ein Versuch, das Leben zu verstehen.


Über den Autor:


“Justus Mörstedt widmete sich bis zu seinem 14. Lebensjahr in seiner Freizeit dem Triathlon, bevor er sich endgültig auf sein Lieblingselement, das Wasser, fokussierte und Finswimmer wurde. Seit 2019 ist er Sportsoldat und studiert und trainiert im Leistungszentrum Leipzig.

Doch lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: „Hier lebe ich meinen Traum: Leistungssport und Medizinstudium. Mich fasziniert es, das neu Erlernte im Sportleralltag in die Praxis umzusetzen und somit den oft trockenen Inhalten ein wenig Leben einzuhauchen.“

Diese Kombination macht sich bezahlt: im Juli 2024 wurde er zweifach Weltmeister. Über 200 m Streckentauchen hält er den Weltrekord. Falls Sie neugierig geworden sind, was Finswimming ist, sehen Sie sich in den News um, oder werfen eine beliebige Suchmaschine an!

Forever young wurde ihm mit seinem Einstieg in den Profisport sozusagen „in die Wiege gelegt“. Sein Trainer sagte immer: „Wer hier mitmachen will, muss mindestens ein Strunz-Buch gelesen haben.“ Zu Wettkämpfen verteilte er den Sportlern immer Vitamineral 32. Mit den Jahren in Leipzig hat sich in seinem 24 Jahre jungem Kopf so einiges zusammengesammelt, was er gerne mit Sportlerkollegen unter anderem hier in den News teilt. Dabei unterstützen wir als forever young ihn als Sponsor."


Das Bild zeigt ein Porträt des News-Autors und Finschwimmers Justus Mörstedt.