Ich habe meine Kinder spät bekommen – mit 42 und 45 Jahren. Ohne ärztliche oder sonstige hormonelle Unterstützung. Oft höre ich dann: Da haben Sie aber Glück gehabt. Vielleicht. Aber vermutlich spielte auch mein Beruf eine Rolle: Ich wusste recht genau, welche Nährstoffe wichtig sind und wie sich das Altern der Eizellen beeinflussen lässt. Dazu gehört auch Vitamin D.

Frauen werden heutzutage tendenziell eher später Mutter und lassen sich oft „zu Informationszwecken“ im Alter von Anfang bis Mitte 30 das Anti-Müller Hormon (AMH) bestimmen, um ihre Eizellreserve besser einzuschätzen.

Das Anti-Müller-Hormon wird in den Granulosazellen der Ovarfollikel gebildet. Seine vielfältigen Aufgaben. Es reguliert u. a. die Follikelreifung, indem es das übermäßige Wachstum kleiner Follikel hemmt. Das AMH dient als stabiler Marker für die ovarielle Reserve, weil es über den Zyklus hinweg kaum schwankt.

Ärztinnen und Ärzte nutzen es, um die Menopause abzuschätzen, die Eizellreserve bei Kinderwunsch zu bewerten und eine ggf. Hormonstimulation in der Reproduktionsmedizin zu planen.

Neue Studien legen nahe, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Status und dem AMH-Spiegel geben könnte. Das macht die Thematik nicht nur spannend für die Reproduktionsmedizin, sondern auch für jede Frau, die ihre Fruchtbarkeit besser verstehen und längerfristig erhalten möchte.

Sinkt der AMH-Wert, bedeutet das nicht automatisch Unfruchtbarkeit. Er ist vielmehr ein Baustein in der Gesamtbetrachtung, die auch Alter, Zyklusqualität, Ultraschallbefunde und Lebensstil berücksichtigt. Aber es ist – neben dem FSH-Wert – ein wichtiger Marker, um abzuschätzen, ob eine Frau sich eher beeilen sollte mit dem Kinderwunsch oder noch etwas Zeit hat.

Hier kommt ein optimaler Vitamin D-Spiegel ins Spiel. Vitamin-D-Rezeptoren finden sich in Eierstöcken, Gebärmutter und Hypophyse. Es beeinflusst Gene, die für Hormonproduktion, Follikelreifung und Implantation wichtig sind. Ein Mangel ist erschreckenderweise leider immer noch weit verbreitet. Auch jetzt nach dem Sommer haben viele Frauen (und natürlich auch Männer) niedrige Vitamin D-Werte.

Mehrere Studien zeigen, dass Frauen mit höheren Vitamin-D-Spiegeln tendenziell auch höhere AMH-Werte haben. Eine Querschnittsstudie an über 600 Frauen fand, dass ein Vitamin-D-Mangel (<20 ng/ml) mit signifikant niedrigeren AMH-Werten assoziiert war.

Bei Frauen mit Kinderwunsch und Vitamin-D-Mangel konnte nach einigen Monaten Vitamin-D-Einnahme eine signifikante Erhöhung des AMH-Spiegels gemessen werden. Andere Untersuchungen zeigen verbesserte Ergebnisse bei IVF-Zyklen und höhere Schwangerschaftsraten, wenn der Vitamin-D-Spiegel im optimalen Bereich liegt.

Forscher vermuten, dass konkret diese Wirkmechanismen zugrunde liegen könnten:


  1. Genetische Steuerung der AMH-Bildung
    Vitamin D bindet an spezifische Rezeptoren in den Granulosazellen und kann direkt die AMH-Genexpression steigern.
  2. Einfluss auf die Follikelreifung
    Vitamin D fördert eine gesunde Reifung der Follikel, aus denen die Eizellen hervorgehen. Ein stabiler Reifungsprozess könnte sich positiv auf die AMH-Produktion auswirken.
  3. Antientzündliche und antioxidative Effekte
    Chronische Entzündungen und oxidativer Stress belasten die Eizellqualität. Vitamin D wirkt regulierend auf Entzündungsbotenstoffe und schützt die Zellen.
  4. Wechselwirkungen mit anderen Hormonen
    Vitamin D beeinflusst indirekt den Kalziumstoffwechsel, Insulinsensitivität und das endokrine System, was wiederum die Hormonproduktion der Eierstöcke moduliert.

Die wachsende Zahl an Studien deutet darauf hin, dass Vitamin D den AMH-Spiegel positiv beeinflussen kann und somit für die Erhaltung der Fruchtbarkeit bedeutsam ist. Auch wenn noch nicht alle Zusammenhänge vollständig erforscht sind, lohnt es sich, auf eine gute Vitamin-D-Versorgung zu achten – besonders für Frauen mit Kinderwunsch oder in der prämenopausalen Phase.


Quellen:
Dennis NA, Houghton LA, Pankhurst MW, Harper MJ, McLennan IS. Acute Supplementation with High Dose Vitamin D3 Increases Serum Anti-Müllerian Hormone in Young Women. Nutrients. 2017 Jul 8;9(7):719. doi: 10.3390/nu9070719. PMID: 28698476; PMCID: PMC5537834.

Moridi I, Chen A, Tal O, Tal R. The Association between Vitamin D and Anti-Müllerian Hormone: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2020 May 28;12(6):1567. doi: 10.3390/nu12061567. PMID: 32481491; PMCID: PMC7352921.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.


Das Bild zeigt ein Porträt der News-Autorin Kyra Kauffmann.