Sonnenbrillen sind für viele Menschen ein alltägliches Accessoire gerade jetzt im Sommer – zum Schutz der Augen oder schlicht als modisches Statement. Doch laut dem amerikanischen Neurochirurgen und Lichtbiologen Dr. Jack Kruse könnten Sonnenbrillen weit mehr als nur das Licht abschirmen: Sie könnten tief in unseren Hormonhaushalt eingreifen – mit weitreichenden Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden.

Dr. Kruse betont in seinen Arbeiten immer wieder: Licht ist ein biologisches Signal.

Seit Urzeiten ist der Mensch an den natürlichen Wechsel von Tag und Nacht angepasst. In der Evolution war Sonnenlicht der wichtigste Zeitgeber für den Biorhythmus. Das Hormonsystem hat sich entsprechend entwickelt: Bei Tageslicht wird die Produktion von Cortisol angeregt – ein Hormon, das Energie mobilisiert und Aufmerksamkeit fördert. Mit Einbruch der Dunkelheit steigt der Melatoninspiegel, was Müdigkeit auslöst und den Schlaf fördert. Diese hormonelle Steuerung ermöglichte unseren Vorfahren, aktiv und wachsam bei Tageslicht zu jagen und sich nachts zu erholen. Erst durch künstliches Licht wurde in den letzten 120 Jahren dieser uralte Rhythmus gestört – mit Folgen für Schlaf, Gesundheit und Wohlbefinden.

Wenn Sonnenlicht auf unsere Augen trifft, wird dieses über spezielle Fotorezeptoren – insbesondere die melanopsinhaltigen Ganglienzellen in der Netzhaut – direkt an den Suprachiasmatischen Nukleus im Gehirn weitergeleitet. Dieser „Meister-Zeitgeber“ steuert unseren zirkadianen Rhythmus, also die innere Uhr, die den Schlaf-Wach-Zyklus, den Hormonhaushalt, den Stoffwechsel und sogar die Zellreparaturprozesse regelt.

Das Tragen einer Sonnenbrille verhindert, dass das volle Lichtspektrum die Netzhaut erreicht. Genau dieses Lichtspektrum ist jedoch entscheidend für die tägliche Synchronisation der inneren Uhr.

Laut Dr. Kruse bedeutet das: Wenn wir eine Sonnenbrille tragen, „lügen“ wir unserem Gehirn über die Tageszeit etwas vor. Der Körper erkennt nicht mehr zuverlässig, ob es Morgen, Mittag oder Abend ist. Die Folge ist eine gestörte Freisetzung von Hormonen wie:


  • Melatonin (zuständig für Schlaf, Zellreparatur, antioxidative Wirkung, Immunregulation; siehe auch meine verschiedenen Newsartikel zu diesem wichtigen Hormon)
  • Cortisol (wichtig für Energie, Stressreaktion und Entzündungsregulation)
  • Dopamin und Serotonin (Stimmung, Motivation, Wohlbefinden)

Wenn das Timing dieser Hormone nicht mehr stimmt, gerät der gesamte Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht. Wer häufig und tagsüber Sonnenbrillen trägt, könnte laut Kruse langfristig unter Tagesmüdigkeit, Stimmungsschwankungen, Schlafproblemen oder sogar Insulinresistenz leiden. Besonders problematisch sei dies für Menschen, die sich ohnehin wenig im Freien aufhalten und viel künstlichem Licht ausgesetzt sind.

Ein weiteres Problem: Die Retina hat laut Kruse eine direkte Verbindung zu den Mitochondrien – den Kraftwerken unserer Zellen. Wenn Sonnenlicht diese Signale unterdrückt, verlieren unsere Zellen buchstäblich an Energie und Anpassungsfähigkeit.

Dr. Kruse empfiehlt, Sonnenbrillen nur mit Bedacht und sparsam zu verwenden – beispielsweise bei extremer Helligkeit in Schnee oder Wüste. Im Alltag jedoch sollte man so oft wie möglich ohne Brille dem natürlichen Licht ausgesetzt sein – vor allem morgens. Denn gerade das erste Licht nach dem Aufwachen stellt die Weichen für den Hormonverlauf des gesamten Tages.


Quellen:

www.jackruse.com

Wright KP Jr, Drake AL, Frey DJ, Fleshner M, Desouza CA, Gronfier C, Czeisler CA. Influence of sleep deprivation and circadian misalignment on cortisol, inflammatory markers, and cytokine balance. Brain Behav Immun. 2015 Jul;47:24-34. doi: 10.1016/j.bbi.2015.01.004. Epub 2015 Jan 29. PMID: 25640603; PMCID: PMC5401766.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.