Serotonin wird oft als das „Glückshormon“ bezeichnet – ein Botenstoff, der unsere Stimmung hebt, das Wohlbefinden steigert und sogar für erholsamen Schlaf sorgt. Was viele jedoch nicht wissen: Rund 90 % des körpereigenen Serotonins wird nicht im Gehirn, sondern im Darm produziert. Dieses Serotonin kann nicht ins Gehirn gelangen, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Es beeinflusst daher nicht direkt unsere Stimmung oder unser Glücksempfinden.

Im Darm reguliert Serotonin vorwiegend die Darmbewegung (Peristaltik), die Sekretion von Verdauungssäften sowie das Schmerzempfinden im Verdauungstrakt. In kleinen Mengen erfüllt es hier lebenswichtigen Funktionen (siehe auch meine News vom 8.3.25 „Tryptophan gegen Verstopfung“) – doch ein Serotoninüberschuss im Darm kann das empfindliche Gleichgewicht stören.

Serotonin wird im Darm (genauso wie im Gehirn) durch die Monoaminoxidase A (MAO-A) abgebaut. Wenn dieses Enzym nicht ausreichend aktiv ist, kann sich Serotonin leicht in der Darmschleimhaut anreichern. Ein zu hoher Serotoninspiegel im Darm kann jedoch weitere Ursachen haben, wie z. B.


  • Medikamenteneinnahme, vor allem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder MAO-Hemmer, die bei Depressionen oder Angststörungen eingesetzt werden.
  • Karzinoide Tumoren: Diese sehr seltenen neuroendokrinen Tumore produzieren große Mengen Serotonin
  • Mastzellerkrankungen oder chronische Entzündungen im Darm (z. B. Morbus Crohn) – aus meiner Sicht die häufigste Ursache

  • und aber eher selten

  • Eine übermäßige Tryptophan- oder 5-HTP-Einnahme durch Nahrungsergänzungsmittel

Viele kennen Serotonin als das „Glückshormon“. Doch wenn es im Darm im Übermaß vorkommt, sorgt es nicht etwa für gute Laune – sondern oft für das Gegenteil: unangenehme bis belastende Beschwerden im Verdauungstrakt.

Typische Symptome können sein:


  • Dauerhafte oder immer wiederkehrende Durchfälle
  • Bauchkrämpfe, Blähungen und Völlegefühl
  • Übelkeit und Appetitlosigkeit
  • Hitzewallungen mit Flush
  • Herzrhythmusstörungen

Viele Betroffene fühlen sich mit ihren Beschwerden wie im falschen Film: Die Symptome deuten auf eine Histaminintoleranz hin, und sie klammern sich an Lebensmittellisten in der Hoffnung auf Besserung. Doch trotz aller Untersuchungen ergibt sich kein klarer Befund – nur die vage Diagnose 'Reizdarm', die mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt.

Die gute Nachricht zuerst: Die Diagnose ist unkompliziert. Ein einfacher Stuhltest aus Serotonin im Darm kann zeigen, ob im Darm zu viel Serotonin gebildet wird.

Die Behandlung hängt davon ab, wo die Ursache liegt – und kann ganz unterschiedlich aussehen:


  • Wenn bestimmte Medikamente den Serotoninspiegel erhöhen, kann ein Absetzen oder Anpassen der Medikation bereits helfen.
  • Liegt eine Grunderkrankung wie ein hormonaktiver Tumor (z. B. Karzinoid) vor, wird diese gezielt behandelt.
  • Auch die Ernährung spielt eine Rolle: Weniger tryptophanreiche Lebensmittel (z. B. Käse, Nüsse, Bananen) können den Serotoninhaushalt entlasten.
  • Zusätzlich kann eine entzündungshemmende Unterstützung mit der Aminosäure L-Glutamin und Curcumin (dem Wirkstoff aus Kurkuma) die Darmschleimhaut beruhigen.

Ein dauerhaft erhöhter Serotoninspiegel im Darm ist nach meiner Erfahrung in den meisten Fällen die Folge einer chronischen Aktivierung von Mastzellen in der Darmschleimhaut, die dann je nach Schwere der Erkrankung durch Mastzellenblocker in Kombination mit Quercetin und Curcumin zu behandeln ist.

Serotonin ist ein faszinierendes Molekül – aber wie so oft gilt: Die Dosis macht das Gift. Ein überschüssiger Serotoninwert im Darm kann weitreichende gesundheitliche Folgen haben, die oft nicht direkt mit dem Hormon in Verbindung gebracht werden. Wer unter chronischen Darmbeschwerden leidet, sollte daher auch an eine mögliche Dysbalance des Serotoninstoffwechsels denken. Eine gezielte Diagnostik und individuell abgestimmte Therapie können hier Abhilfe schaffen und den Weg zurück zu einem gesunden Bauchgefühl ebnen.


Quellen:
Mawe, G. M., & Hoffman, J. M. (2013). Serotonin signalling in the gut—functions, dysfunctions and therapeutic targets. Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology, 10(8), 473–486.

Côté, F., Fligny, C., & Mallet, J. (2007). Serotonin, a key molecule in gut-brain axis. Current Opinion in Pharmacology, 7(6), 563–569.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.