Mehrfach wurde ich von Leserinnen und Lesern gebeten, einmal über diese besondere Art der Schilddrüsenstörung zu berichten. Sie ist viel seltener als die Schilddrüsenunterfunktion. Dennoch: Viele Menschen sind betroffen – oft ohne es sofort zu wissen. Denn wenn die Schilddrüse zu viele Hormone produziert, kann das den ganzen Körper aus dem Gleichgewicht bringen. Der Stoffwechsel läuft dann auf Hochtouren – mit spürbaren Auswirkungen: Unruhe, Gewichtsverlust, Schlafprobleme oder Herzklopfen sind nur einige davon. Dabei ist die Schilddrüse winzig – kaum größer als eine Walnuss –, aber sie steuert viele lebenswichtige Prozesse. Eine solche Überfunktion wird medizinisch als Hyperthyreose bezeichnet.

Die Schilddrüse produziert die Hormone T3 und T4. Wenn sie in überhöhter Menge produziert werden, wirken sie wie ein innerer Turbo: Sie beschleunigen den Stoffwechsel, regen die Wärmeproduktion an und beeinflussen Herz, Muskeln, Verdauung und sogar die Stimmung.

Die häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind:


  • Morbus Basedow: Das ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse zur Überproduktion von Hormonen anregt. Morbus Basedow betrifft häufiger Frauen zwischen 20 und 50 Jahren und kann familiär gehäuft auftreten.
  • Autonome Knoten („heiße Knoten“): Das sind Teile der Schilddrüse, die sich verselbstständigen und unkontrolliert Hormone produzieren. Sie entziehen sich der normalen hormonellen Regulation durch die Hirnanhangsdrüse.
  • Hashimoto-Thyreoiditis (besonders im frühen Stadium):
    Dies ist eine chronische Entzündung der Schilddrüse, ausgelöst durch eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems. Es handelt sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper fälschlicherweise eigenes Schilddrüsengewebe angreift.

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme führt eine Jodtherapie bei Menschen mit gesunder Schilddrüse nicht zu einer Schilddrüsenüberfunktion. Anders sieht es bei Menschen mit sogenannten autonomen Knoten aus – also Bereichen der Schilddrüse, die unabhängig vom körpereigenen Regelkreis Hormone produzieren. Bei ihnen kann eine hohe Jodzufuhr eine sogenannte Jod-induzierte Schilddrüsenüberfunktion auslösen, die auch als Jod-Basedow bezeichnet wird.

Die Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion sind oft unspezifisch – sie können auch anderen Erkrankungen ähneln. Häufige Symptome sind:


  • Schneller Herzschlag oder Herzklopfen
  • Nervosität, Reizbarkeit oder Schlafstörungen
  • Zittern und Schwitzen
  • Gewichtsverlust trotz Heißhunger
  • Durchfall oder häufiger Stuhlgang
  • Zyklusunregelmäßigkeiten
  • Haarausfall
  • Hervortretende Augen (vor allem bei Morbus Basedow)

Wenn Sie mehrere dieser Symptome bemerken, lohnt sich ein Besuch beim Hausarzt oder am besten gleich beim Facharzt, dem Endokrinologen.

Eine einfache Blutuntersuchung gibt bereits erste Hinweise: Typisch sind niedrige Werte des Steuerhormons TSH und erhöhte T3- oder T4-Spiegel. Ergänzend helfen Ultraschall oder eine sogenannte Szintigrafie dabei, die genaue Ursache zu klären. Bei Verdacht auf Morbus Basedow werden außerdem spezielle Antikörper (TRAK) getestet.

Die gute Nachricht: Eine Schilddrüsenüberfunktion ist insgesamt eher selten, aber gut behandelbar. Je nach Ursache und Schweregrad kommen verschiedene Therapien infrage:


  • Thyreostatika: Medikamente, die die Hormonproduktion bremsen
  • Radiojodtherapie: ein Eingriff, bei dem überaktive Schilddrüsenzellen gezielt zerstört werden
  • Operation: insbesondere bei großen Knoten

Zusätzlich können Betablocker helfen, unangenehme Begleiterscheinungen wie Herzrasen oder Zittern zu lindern.

Bei Morbus Basedow, der häufigsten Ursache der Schilddrüsenüberfunktion, richtet sich das Immunsystem fälschlicherweise gegen die eigenen Schilddrüsenzellen. Das kann zu einer verstärkten Hormonproduktion führen – und in manchen Fällen zur Augenbeteiligung.

Doch was viele nicht wissen: Ein kleines Spurenelement kann in der Behandlung unterstützend wirken – Selen. Studien zeigen, dass Selen entzündliche Prozesse in der Schilddrüse mildern und den Spiegel der TRAK-Antikörper senken kann. Ein Selenmangel, wie er in weiten Teilen der Welt vorkommt, scheint ein eigenständiger Risikofaktor für die Entwicklung eines Morbus Basedow zu sein.

Die europäische Fachgesellschaft EUGOGO (European Group on Graves’ Orbitopathy) empfiehlt in ihrer aktuellen Leitlinie bei Patienten mit milder Augenbeteiligung die tägliche Einnahme von 200 µg Natriumselenit über einen Zeitraum von 6 Monaten.

Eine überaktive Schilddrüse ist mehr als nur ein bisschen Nervosität oder Schwitzen – sie kann dein gesamtes Wohlbefinden beeinträchtigen. Wenn Sie Symptome bemerken, hören Sie auf Ihren Körper und lassen Sie sich untersuchen.


Quelle:
Bartalena L, Kahaly GJ, Baldeschi L, Dayan CM, Eckstein A, Marcocci C, Marinò M, Vaidya B, Wiersinga WM; EUGOGO †. The 2021 European Group on Graves' orbitopathy (EUGOGO) clinical practice guidelines for the medical management of Graves' orbitopathy. Eur J Endocrinol. 2021 Aug 27;185(4):G43-G67. doi: 10.1530/EJE-21-0479. PMID: 34297684.
Lanzolla G, Marinò M, Marcocci C. Selenium in the Treatment of Graves' Hyperthyroidism and Eye Disease. Front Endocrinol (Lausanne). 2021 Jan 26;11:608428. doi: 10.3389/fendo.2020.608428. PMID: 33574798; PMCID: PMC7870989.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.