Wir verwenden Cookies, um Ihre Erfahrung zu verbessern. Um die neuen Datenschutzrichtlinien zu erfüllen, müssen wir Sie um Ihre Zustimmung für Cookies fragen. Weitere Informationen
Hilft Kaffee wirklich gegen Verstopfung – und wenn ja, wie viel?
Neues von der Wunderbohne – gefühlt die mindestens zehntausendste Publikation zu den gesundheitlichen Effekten des beliebten Hallo-Wach-Gebräus; zum Zeitpunkt August 2021waren schon 50.000 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema „Kaffee“ und „Koffein“ bei PubMed erfasst, weiß die „künstliche Intelligenz“… Heute geht es um die spannenden Fragen: Hilft Kaffee wirklich gegen Verstopfung – und wenn ja, welche Menge des koffeinhaltiges Heißgetränks ist für diesen Effekt nötig? Plus: Kann zu viel Kaffee schuld an einem Reizdarm-Syndrom sein?
Das prüfte jüngst ein chinesisches Forscher-Team um Xiaoxian Yan vom Xiyuan Hospital der China Academy of Chinese Medical Sciences in Peking. Die Studienautoren analysierten dafür die Daten von fast 13.000 Patienten aus der amerikanischen Bevölkerungsstudie NHANES aus den Jahren 2005 bis 2010. Erfasst wurden die tägliche Gesamt-Koffeinaufnahme aus Kaffee, Tee und Energydrinks, die Angaben zu Verstopfung oder Durchfall und ob bereits ein Reizdarm-Syndrom oder ähnliche Störungen ärztlich diagnostiziert worden war.
Verblüffendes Ergebnis: Bis zu einem Schwellen-(oder Becherrand-) Wert von 204 Milligramm Kaffee pro Tag sinkt das Risiko für chronische Verstopfung um 18 Prozent; wer aber mehr trinkt, erhöht paradoxerweise das Risiko. Schon 100 Milligramm mehr von dem Bohnengebräu steigern das Risiko für chronische Verdauungsträgheit um sechs Prozent. Außer bei Menschen über 60 – für sie gilt laut Studie generell: Je mehr Kaffee, desto aktiver der Darm.
Eine signifikante Korrelation zum Reizdarmsyndrom (IBS) konnte nicht bestätigt werden. Paradoxer Subgruppen-Fund der Studienautoren: Unter Menschen mit höherem Einkommen führte eine Erhöhung der täglichen Kaffeemenge über diesen Schwellenwert zu einer Erhöhung des Risikos für chronischen Durchfall – um 12 Prozent je zusätzlich konsumierte 100 Milligramm. Die Wege der Kaffeebohne – oder der Statistik – scheinen unergründlich.
Auf welchem Weg das weltweit so beliebte Muntermacher-Getränk überhaupt die Darm-Aktivitäten beeinflussen kann, untersuchte im Vorjahr ein amerikanisch-britisches Forscher-Team in einem Review in „Nutrients“. Ihre Schlussfolgerung: Moderater Kaffee-Konsum bis zu vier Tassen am Tag erhöht im Darm die Anzahl nützlicher Mikroben-Stämme wie Firmicutes oder Actinobakterien und vermindert potentiell schädliche Bacteroidetes. Generell scheint Kaffee die Vielfalt des Darm-Mikrobioms zu fördern – eine der Voraussetzungen für eine gute Gesundheit. Und: Welche der mehr als 1.000 bioaktiven Substanzen im Kaffee dafür verantwortlich ist, ist nach wie vor unklar. Bekannt ist bislang nur, dass sich die im Röstprozess entstehenden Melanoidine (Bräunungsprodukte) wie Ballaststoffe verhalten und nützlichen Bakterien als Superfood dienen.
Quellen:
Yang X, Yan H, Chen Y, Guo R. Association Between Caffeine Intake and Bowel Habits and Inflammatory Bowel Disease: A Population-Based Study. J Multidiscip Healthc. 2025 Jun 27;18:3717-3726. doi: 10.2147/JMDH.S512855. PMID: 40600201; PMCID: PMC12212077.
Saygili S, Hegde S, Shi XZ. Effects of Coffee on Gut Microbiota and Bowel Functions in Health and Diseases: A Literature Review. Nutrients. 2024 Sep 18;16(18):3155. doi: 10.3390/nu16183155. PMID: 39339755; PMCID: PMC11434970.
Über die Autorin:
Marion Meiners ist ausgebildete Verlagskauffrau und Journalistin und arbeitete viele Jahre für Zeitschriften als Redakteurin für Gesundheit und Ernährung. Zusammen mit Labor-Professor Hans-Peter Seelig schrieb sie das Buch „Laborwerte klar und verständlich“.
Ihre Begeisterung für Medizinthemen entdeckte sie in frühen Berufsjahren, nachdem ihr eine Verwandte einen Pschyrembel schenkte. Seither heißt ihr digitales „Wohnzimmer“ PubMed und die Faszination für die Ursachen-Fahndung bei Krankheiten sowie die Effekte von Ernährung und Lebensstil auf die Gesundheit hält an.
Das sagt sie über ihre Tätigkeit:
„Alles hängt mit allem zusammen im Körper. Das ist leider in unserer „Schubladen“-Medizin noch nicht so ganz angekommen. Ein Nährstoffmangel kann etwa ebenso fatale Auswirkung auf alle Organsysteme haben wie z.B. ein kranker Zahn. Umgekehrt kann schon eine veränderte Zusammenstellung der Makro-oder Mikronährstoffe in der Ernährung gigantische therapeutische Effekte entfalten. Welche, und wie gut belegt diese sind – darüber möchte ich informieren.“
