Schmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden im (Praxis-)Alltag – sei es nach dem Sport, bei Rückenschmerzen oder chronischen Entzündungen. Viele greifen dann automatisch zu klassischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen (IBU). Doch nicht jeder verträgt diese Medikamente gut, und bei häufigem und längerem Gebrauch können schwere Nebenwirkungen auftreten.

Ibuprofen wirkt schnell und stark, aber es hemmt die Cyclooxygenasen (COX-Enzyme) – genauer gesagt COX-1 und COX-2, was auf Dauer zu Problemen führen kann. Typische Nebenwirkungen sind Magenbeschwerden, Blutdrucksteigerung oder eine Belastung von Leber und Nieren.

Eine spannende, aber immer noch unbekannte Alternative ist Palmitoylethanolamid (PEA) – ein körpereigener Stoff, der seit einigen Jahren als natürliches Schmerzmittel Beachtung findet. Ich verordne es in meiner Praxis bei jeder Art von Schmerzen sowie bei Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) und Mastoyztose.

PEA (Palmitoylethanolamid) ist ein sogenanntes endogenes Fettsäureamid. Das bedeutet: Unser Körper stellt es selbst her, vor allem in Situationen, in denen er Entzündungen und Schmerzen regulieren möchte. PEA kommt auch in kleinen Mengen in Lebensmitteln wie Eiern, Soja oder Erdnüssen vor.

Seit den 1990er Jahren wird PEA intensiv wissenschaftlich untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass es entzündungshemmende und schmerzstillende Eigenschaften besitzt, ohne die typischen Nebenwirkungen klassischer Schmerzmittel.

PEA greift nicht direkt in die Schmerzrezeptoren ein, sondern reguliert das Endocannabinoid-System (siehe meine News vom 21.3.25) und bestimmte Rezeptoren des Immunsystems. Besonders wichtig ist die Wirkung auf Mastzellen und Gliazellen im Gehirn, die bei chronischen Schmerzen eine große Rolle spielen. Durch diese Modulation kann PEA entzündungsfördernde Prozesse dämpfen, überaktive Nervenzellen und Mastzellen beruhigen und so Schmerzen auf natürliche Weise lindern.

Es handelt sich also eher um eine „Regulationstherapie“ als um eine reine Blockade von Schmerzen, wie es bei Ibuprofen und anderen Schmerzmitteln der Fall ist.

PEA gilt als sehr gut verträglich. Es sind bisher keine schwerwiegenden Nebenwirkungen bekannt. Besonders für Menschen, die Schmerzmittel über längere Zeiträume einnehmen müssen – zum Beispiel bei chronischen Schmerzen, Arthrose oder Fibromyalgie – kann PEA eine wertvolle Alternative oder Ergänzung sein.

In klinischen Studien zeigte PEA positive Effekte bei verschiedenen Schmerzzuständen:


  • Neuropathische Schmerzen (z. B. nach Bandscheibenvorfällen)
  • Chronische Rückenschmerzen
  • Arthrose
  • Fibromyalgie
  • Migräne

In einer systematischen Übersichtsarbeit mit Metaanalyse wurden 11 placebokontrollierte, randomisierte Doppelblind-Studien mit insgesamt 774 Teilnehmern ausgewertet. Das Ergebnis: PEA führte zu einer signifikanten Schmerzlinderung. Zudem verbesserten sich Lebensqualität, Schlaf und Funktionalität, bei praktisch keinen Nebenwirkungen.

PEA ist als Nahrungsergänzungsmittel in unterschiedlichen Darreichungsformen erhältlich – meist als Kapseln oder Pulver. Typische Dosierungen liegen zwischen 600 und 1.200 mg täglich, abhängig vom Beschwerdebild. Da es sich um einen körpereigenen Stoff handelt, dauert es allerdings oft einige Wochen, bis die volle Wirkung spürbar wird.

Wer PEA ausprobieren möchte, sollte dies am besten mit einer ärztlichen oder naturheilkundlichen Begleitung tun – vor allem, wenn bereits andere Medikamente eingenommen werden.


Quellen:

Wang Y, Duan X, Li Z, Pan Y, Deng J. Palmitoylethanolamide in the Treatment of Pain and Its Clinical Application Prospects. Drug Des Devel Ther. 2025 Aug 13;19:6897-6923. doi: 10.2147/DDDT.S540327. PMID: 40827226; PMCID: PMC12358156.

Lang-Illievich K, Klivinyi C, Lasser C, Brenna CTA, Szilagyi IS, Bornemann-Cimenti H. Palmitoylethanolamide in the Treatment of Chronic Pain: A Systematic Review and Meta-Analysis of Double-Blind Randomized Controlled Trials. Nutrients. 2023 Mar 10;15(6):1350. doi: 10.3390/nu15061350. PMID: 36986081; PMCID: PMC10053226.

Artukoglu BB, Beyer C, Zuloff-Shani A, Brener E, Bloch MH. Efficacy of Palmitoylethanolamide for Pain: A Meta-Analysis. Pain Physician. 2017 Jul;20(5):353-362. PMID: 28727699.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.


Das Bild zeigt ein Porträt der News-Autorin Kyra Kauffmann.