Die klassische Medizin betrachtet Melatonin noch immer eindimensional als Schlaf-Hormon – dabei hat die Forschung längst deutlich gemacht, dass dieses Molekül eine Schlüsselrolle in zahlreichen biologischen Prozessen spielt.

Wer meine News vom 5. April 2025 gelesen hat, weiß bereits um die besondere Bedeutung von Melatonin für unsere Mitochondrien insbesondere als Antioxidanz.

Die amerikanischen Forscher Russel Reiter und Doris Loh konnten zeigen, dass ein Großteil des Melatonins intrazellulär entsteht, insbesondere in den Mitochondrien. Dieser Aspekt ist von großer Bedeutung, denn die Mitochondrien sind gleichzeitig Hauptproduzenten reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und infolgedessen Hauptverbraucher von Antioxidantien.

Melatonin wird aus der Aminosäure Tryptophan gebildet, die wir über die Nahrung aufnehmen. Der Körper wandelt Tryptophan in mehreren Schritten um:


  1. Tryptophan → Serotonin
  2. Serotonin → Melatonin

Ein Teil dieser Umwandlungen geschieht in den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ unserer Zellen. Besonders wichtig ist dabei ein Enzym namens AANAT – es steuert, wie viel Melatonin letztlich entsteht.

Der letzte Schritt findet ausschließlich in den Mitochondrien statt und ist entscheidend für den Schutz der Zelle.

Während die Zirbeldrüse Melatonin nur nachts bildet, läuft die Produktion in den Mitochondrien rund um die Uhr – unabhängig vom Tageslicht.

Melatonin wirkt aber in den Mitochondrien nicht nur direkt antioxidativ, sondern reguliert auch Gene, die antioxidative Enzyme wie Superoxiddismutase (SOD) und Glutathionperoxidase steuern.

Und jetzt legen die unermüdlichen Forscher Russel Reiter und Doris Loh schon wieder nach – mit neuen, spannenden Erkenntnissen:

Doris Loh postuliert, dass der Melatoninspiegel in den Mitochondrien einen direkten Einfluss auf den sogenannten Warburg-Effekt hat.

Was bedeutet das? Obwohl genügend Sauerstoff vorhanden ist, setzen Krebszellen überraschenderweise auf eine weniger effiziente Methode, um an Energie (ATP) zu kommen – die sogenannte Glykolyse, also die Zuckerverbrennung ohne Sauerstoff. Dabei entsteht Milchsäure (Laktat).

Normalerweise läuft die Energiegewinnung in unseren Zellen über die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle – sauerstoffabhängig und wesentlich ergiebiger. Doch Krebszellen scheinen auf Schnelligkeit statt Effizienz zu setzen – ein biochemischer Trick, der ihr schnelles Wachstum unterstützt. Der berühmte Wissenschaftler und Nobelpreisträger von 1931 Otto Warburg vermutete deshalb schon 1931, dass die Mitochondrien in Krebszellen beschädigt sein müssen.

Heute wissen wir: Oft funktionieren sie durchaus noch. Die Glykolyse dient vielmehr als eine Art Notstromaggregat, um schnell genug Energie für Wachstum und Teilung bereitzustellen – auch wenn das weniger effizient ist.

Loh konnte zeigen, dass niedrige mitochondriale Melatoninspiegel Zellen veranlassen können, von oxidativer Phosphorylierung in den Mitochondrien auf die aerobe Glykolyse umzuschalten – ein möglicher Grund für den Warburg-Effekt.

Tiermodelle zeigen zudem, dass bei gestörter Mitochondrienfunktion und niedrigen Melatoninwerten vermehrt Tumoren entstehen oder schneller wachsen. Einige Krebsarten (z. B. Brust-, Prostata-, Leberkrebs) zeigen niedrigere Melatoninwerte in betroffenen Geweben.

Die wissenschaftlichen Hinweise verdichten sich: Das Hormon Melatonin ist weit mehr als nur ein Schlafhormon – es ist ein zentraler Zellschutzfaktor. Wer seine Gesundheit ernst nimmt, sollte auch seinen Melatoninspiegel im Blick haben.

Eine gezielte Unterstützung – etwa durch L-Tryptophan, wichtige Cofaktoren (wie Vitamin B6, Magnesium, Zink) sind essenziell, um die körpereigene Produktion zu fördern. Melatonin steht auch als Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung. Für viele klingt allerdings „Hormon“ erst einmal nach Vorsicht – doch bei Melatonin ist diese Sorge unbegründet. Es zählt zu den sichersten biologisch aktiven Substanzen, die wir kennen. Selbst hohe Mengen werden gut vertragen – trotzdem gehört eine hoch dosierte Anwendung (z. B. 100 mg) immer in fachkundige Hände.

Für den Alltag reichen oft schon kleine Dosen (bis 20 mg), z. B. zur Unterstützung des Schlafs, des Immunsystems oder zum Schutz der Mitochondrien – ganz ohne Risiko.


Quellen:
www.melatoninfacts.org
Reiter RJ, Sharma RN, Manucha W, Rosales-Corral S, Almieda Chuffa LG, Loh D, Luchetti F, Balduini W, Govitrapong P. Dysfunctional mitochondria in age-related neurodegeneration: Utility of melatonin as an antioxidant treatment. Ageing Res Rev. 2024 Nov;101:102480. doi: 10.1016/j.arr.2024.102480. Epub 2024 Sep 3. PMID: 39236857.

Reiter RJ, Sharma R, Bai Y, Chuffa LGA, Loh D, Fan L, Cardinali DP. Function of intramitochondrial melatonin and its association with Warburg metabolism. Cell Signal. 2025 Jul;131:111754. doi: 10.1016/j.cellsig.2025.111754. Epub 2025 Mar 21. PMID: 40122433.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.