Mastzellen führen ein Leben im Verborgenen. Anders als viele ihrer Kollegen, die Leukozyten, schwimmen sie nicht im Blut umher, sondern leben tief im Gewebe – an den Grenzposten des Körpers, ständig bereit zum Einsatz. Vielleicht werden sie deshalb oft übersehen.

1878 fiel dem jungen Mediziner Paul Ehrlich (der spätere Nobelpreisträger von 1908) bei einer Gewebe Anfärbung etwas Seltsames auf: Zellen, die sich plötzlich leuchtend färbten. So begann die Geschichte der Mastzellen. Sie sind unsere ältesten Immunzellen und gehören zum angeborenen Immunsystem. Ihre Hauptaufgabe ist auf Bedrohungen, wie Krankheitserreger oder Allergene, zu reagieren und Entzündungsprozesse in Gang setzen. Bei Menschen mit einer sogenannten Mastzellaktivierung – dem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) – reagieren diese Zellen jedoch überempfindlich. Reize, die für andere harmlos sind, können hier heftige Symptome auslösen: Flushs, Durchfall, Kreislaufprobleme oder Atemnot sind nur einige Beispiele.

Ein zentraler Bestandteil dieser Reaktionskaskade sind – neben Histamin - die Leukotriene – entzündungsfördernde Botenstoffe, die von den Mastzellen freigesetzt werden. Sie verstärken die Gefäßdurchlässigkeit, fördern die Schleimproduktion und können z. B. bei Asthma eine Schlüsselrolle spielen.

Leukotriene entstehen aus Arachidonsäure, einer Omega-6-Fettsäure, die reichlich in tierischen Produkten, vorkommt. Je mehr Arachidonsäure in die Zellmembranen eingebaut ist, desto mehr entzündliche Botenstoffe wie Leukotriene können gebildet werden – und desto leichter können Mastzellen auch „überreagieren“.

Genau hier setzen die Omega-3-Fettsäuren an. Sie sind bekannt für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften und finden sich insbesondere in fettem Seefisch (EPA und DHA) sowie in pflanzlichen Quellen wie Leinsamen (ALA).

Werden sie regelmäßig aufgenommen, können sie die Arachidonsäure in den Zellmembranen teilweise verdrängen.

Das hat gleich zwei Effekte:


  1. Weniger entzündliche Botenstoffe wie Leukotriene können gebildet werden.
  2. Stattdessen entstehen vermehrt entzündungsauflösende Mediatoren, wie Resolvine und Protectine, die aktiv zur Beruhigung des Immunsystems beitragen.

Dieser Einfluss wirkt nicht so schnell wie Leukotrienen-Blocker (z. B. Montelukast), sondern er zeigt sich über einen längeren Zeitraum. Studien deuten darauf hin, dass eine ausgewogene Omega-6-zu-Omega-3-Balance eine zentrale Rolle bei der Regulierung chronisch entzündlicher Prozesse spielt – und damit auch bei mastzellassoziierten Beschwerden. Was bedeutet dies konkret? Ein optimaler Omega-3-Index sollte zwischen 8 und 12 Prozent liegen, wie bei Japanern zum Beispiel. Das heißt: In den Zellmembranen der roten Blutkörperchen sollten idealerweise 8 bis 11 Prozent der Fettsäuren aus EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) bestehen – den beiden zentralen Omega-3-Fettsäuren, die vor allem in fettem Meeresfisch und Algen vorkommen.
Der Durchschnittswert in der deutschen Bevölkerung liegt aber bei gerade einmal rund 4 Prozent.

Gerade Menschen mit Mastzellaktivierung, Asthma, Neurodermitis oder einem gereizten Darm wissen, wie sehr ein überaktives Immunsystem den Alltag erschweren kann. Dabei gibt es keine magische Pille – aber es gibt einen entscheidenden Hebel: die konsequente Omega-3-reiche Ernährung.

Kennen Sie Ihren persönlichen Omega-3-Index?


Quellen:
Yoon J, Kim D, Jeong NH, Choi YA, Kwon TK, Lee S, Khang D, Kim SH. Protectin D1, an omega-3-derived lipid mediator, resolves mast cell-driven allergic inflammation via FcεRⅠ signaling. Biomed Pharmacother. 2025 Jun;187:118060. doi: 10.1016/j.biopha.2025.118060. Epub 2025 Apr 19. PMID: 40253829.

Shimanaka Y, Kono N, Taketomi Y, Arita M, Okayama Y, Tanaka Y, Nishito Y, Mochizuki T, Kusuhara H, Adibekian A, Cravatt BF, Murakami M, Arai H. Omega-3 fatty acid epoxides are autocrine mediators that control the magnitude of IgE-mediated mast cell activation. Nat Med. 2017 Nov;23(11):1287-1297. doi: 10.1038/nm.4417. Epub 2017 Oct 9. PMID: 29035365.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.