Immer wieder (Lippen-)Herpes? Da gibt’s doch was aus der Aminosäuren-Apotheke… Nämlich Lysin, eine essentielle Aminosäure. Sie muss über die Ernährung zugeführt werden, da der Körper sie nicht selber herstellen kann. Kein Problem, denken Sie, wir essen ja täglich Eiweiß… Und im Hafermüsli steckt auch Lysin...Leider zu wenig – und das hat eine Menge mit den leidigen Lippenbläschen zu tun, wie immer wieder Studien zeigen.

Deren Botschaft lautet wiederholt: Die Lysin-Arginin-Balance ist entscheidend für den Verlauf und die Häufigkeit von Herpes-Ausbrüchen. Die beiden basischen Aminosäuren werden im Darm über denselben Eiweißtransporter aufgenommen und sind somit Konkurrenten. Wird über die Nahrung viel Arginin aufgenommen, wird Lysin an der Aufnahme gehemmt und fehlt dann womöglich dem Immunsystem.

Das kann für Menschen mit häufigen Virusinfekten (z.B. Herpes, Epstein-Barr-Virus) von Nachteil sein, denn Arginin fördert direkt die Vermehrung der Viren; Lysin dagegen hemmt sie. Isst man aber Lysin-reich oder nimmt zusätzliches Lysin ein, tauchen die Bläschen seltener auf und heilen schneller ab. Sagen viele Forscher.

Zwei Beispiele:
- Eine im Fachjournal „Viruses“ publizierte Übersichtsarbeit amerikanischer Wissenschaftler unter Führung von Mikrobiologen der Harvard University stellte alternative Herpes-Therapien zur Goldstandard-Behandlung mit Aciclovir auf den Prüfstand. Ihr Fazit: „Wir würden raten, auf Lebensmittel mit hohem Arginin-Gehalt (im Verhältnis zu Lysin) zu verzichten.“ Und: Die tägliche Einnahme von Lysin gegen Herpes sei zur Vorbeugung und als Therapie für eine beschleunigte Abheilung effektiv und sicher.

Ein umfassender Review im „British Journal of Pharmacology“ kommt sogar zu dem Schluss: „Angesichts der Rolle beider Aminosäuren im Stoffwechsel vieler Viren sollte der Einsatz von L-Lysin als adjuvante Behandlung bei neuen Viruserkrankungen wie COVID-19 in Zukunft untersucht werden.

Übrigens: Eine optimale Lysin-Arginin-Balance (mehr Lysin als Arginin) haben z.B. rotes Fleisch, Fisch (außer Thunfisch), Käse, Quark und Milch. Viel Arginin enthalten Nüsse, Kakao, Schokolade, Haferflocken und die meisten Getreide. Aber Achtung: Auch Arginin ist wichtig. Als Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO) ist es unter etwa für die Gefäßerweiterung und Blutgerinnung nötig.

Hilfreich ist es, seine Aminosäure-Bilanz durch ein „Aminogramm“ (spezieller Bluttest) zu prüfen und bei schwächelnden Werten die nötigen Eiweißbausteine zu substituieren. Mehr dazu finden Sie hier: https://www.strunz.com/aminosaeuren-lexikon


Quellen:
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10301284/#B79-viruses-15-01314
https://bpspubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/bcp.15444



Über die Autorin:


Marion Meiners ist ausgebildete Verlagskauffrau und Journalistin und arbeitete viele Jahre für Zeitschriften als Redakteurin für Gesundheit und Ernährung. Zusammen mit Labor-Professor Hans-Peter Seelig schrieb sie das Buch „Laborwerte klar und verständlich“.
Ihre Begeisterung für Medizinthemen entdeckte sie in frühen Berufsjahren, nachdem ihr eine Verwandte einen Pschyrembel schenkte. Seither heißt ihr digitales „Wohnzimmer“ PubMed und die Faszination für die Ursachen-Fahndung bei Krankheiten sowie die Effekte von Ernährung und Lebensstil auf die Gesundheit hält an.

Das sagt sie über ihre Tätigkeit:

„Alles hängt mit allem zusammen im Körper. Das ist leider in unserer „Schubladen“-Medizin noch nicht so ganz angekommen. Ein Nährstoffmangel kann etwa ebenso fatale Auswirkung auf alle Organsysteme haben wie z.B. ein kranker Zahn. Umgekehrt kann schon eine veränderte Zusammenstellung der Makro-oder Mikronährstoffe in der Ernährung gigantische therapeutische Effekte entfalten. Welche, und wie gut belegt diese sind – darüber möchte ich informieren.“