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Methylgruppen: Wie winzige Moleküle unser Leben lenken
In Ihrem Körper gibt es Millionen unsichtbarer Schalter. Jeden Tag entscheiden sie aufs Neue: Welches Gen wird „angeschaltet“, welches „ausgeknipst“? Diese Schalter nennt die Wissenschaft Methylgruppen – und der Vorgang, in dem sie wirken, heißt Methylierung. Was zunächst trocken klingt, ist in Wahrheit einer der spannendsten Prozesse unseres Körpers. Und er hat enorme Auswirkungen auf unsere Gesundheit, unser Denken – und sogar darauf, wie schnell wir altern.
Der Begriff „methyl“ wurde erstmals im Jahr 1834 von dem französischen Chemiker Jean-Baptiste Dumas verwendet. Er kombinierte „methy“ (Weingeist, Methanol) mit dem Suffix „-yl“, um das Radikal zu bezeichnen, das sich aus Methanol ableiten lässt.
In der heutigen Chemie bezeichnet ein Methyl-Rest (CH₃–) eine funktionelle Gruppe, die in sehr vielen organischen Molekülen vorkommt – von einfachen Kohlenwasserstoffen bis hin zu komplexen Biomolekülen wie DNA. Vielleicht erinnern Sie sich dunkel an Ihren Chemieunterricht.
Eine Methylgruppe ist also nichts weiter als ein Mini-Molekül – ein Kohlenstoffatom mit drei Wasserstoffatomen. Doch wenn sie sich an unsere DNA „andockt“, kann sie dafür sorgen, dass ein bestimmtes Gen entweder aktiviert oder stummgeschaltet wird. Es ist, als würde man ein Kapitel in einem Buch aufschlagen oder zuklappen – ohne das Buch selbst zu verändern. Dieser Mechanismus steuert, wie unser genetischer Bauplan gelesen wird.
Methylgruppen werden aber auch für viele weitere Prozesse im Körper benötigt – etwa für die Bildung von Neurotransmittern, die Entgiftung in der Leber und den Abbau von Homocystein. Daher ist es essenziell, dass dem Körper ausreichend Methylgruppen zur Verfügung stehen bzw. er sie selbst in ausreichendem Maße bilden kann.
Die wichtigsten Methylgruppenlieferanten, auch Methyldonatoren, genannt, sind:
- S-Adenosylmethionin (SAME)
SAME ist der Allrounder, wenn es um das Spenden von Methylgruppen geht. Er agiert im Zellstoffwechsel als Hauptlieferant und ist an Hunderten von Methylierungsreaktionen beteiligt – von der Genregulation bis zur Neurotransmittersynthese. Sobald er seine Methylgruppe abgibt, verwandelt er sich in S-Adenosylhomocystein (SAH). Damit der Körper ausreichend SAME bilden kann, braucht er L-Methionin – eine Aminosäure, die vor allem in Fleisch, Fisch und Eiern vorkommt. Da ich bei vegan lebenden Patient:innen immer wieder einen Mangel feststelle, empfehle ich eine gezielte Ergänzung, um den Stoffwechsel optimal zu unterstützen. - Tetrahydrofolat (THF) und 5-Methyl-THF (Vitamin B9)
Diese Folat-Formen sind unerlässlich für den Bauplan unseres Körpers. Sie spenden Methylgruppen im sogenannten C1-Stoffwechsel und sind unentbehrlich für die Bildung von DNA-Bausteinen und bestimmten Aminosäuren. Diese besonders aktive Form von Folat hilft dabei, die Aminosäure Homocystein in das lebenswichtige Methionin zurückzuführen. Ohne diesen Schritt würde sich Homocystein anreichern – mit den bekannten gesundheitlichen Folgen. - Betain (Trimethylglycin)
Betain ist ein weiterer leistungsstarker Methylspender in der Leber, besonders im Zusammenhang mit dem Homocystein-Stoffwechsel. Seine Rolle ist subtil, aber essenziell für einen ausgewogenen Methylierungsstatus. Der Körper stellt Betain aus Cholin her. Ein Mangel an Cholin, der sehr häufig ist, kann also indirekt zu einem Betainmangel führen und die Methylierungskapazität des Körpers beeinträchtigen – vor allem bei erhöhtem Bedarf oder veganer Ernährung.
Cholinreiche Lebensmittel sind Eier, Leber, Fleisch, Fisch und Sojabohnen.
Betainreiche Lebensmittel sind rote Bete, Spinat, Quinoa und Weizenkleie - Methylcobalamin (Vitamin B12)
In dieser aktiven Form übernimmt Vitamin B12 eine Schlüsselrolle in der Methionin-Synthase-Reaktion. Es hilft dabei, Homocystein in Methionin umzuwandeln – ein Vorgang, der besonders für die Nervenzellgesundheit von Bedeutung ist.
Was fällt auf?
Die meisten biologisch relevanten Methylgruppendonatoren entstehen aus oder mithilfe von essenziellen Mikronährstoffen. Ohne ausreichende Versorgung mit z. B. Methionin, Folat, B12 und Cholin ist die Methylierungskapazität des Körpers stark eingeschränkt.
Sind Sie ausreichend mit Methylgruppen, insbesondere mit SAME, versorgt?
In der nächsten News finden Sie heraus, wie Sie das überprüfen können und auch ausgleichen können.
Quellen:
Liu X, Wang Y. Association between oxidative balance score and methylation cycle biomarkers in US adults: insights from the national health and nutrition examination survey. Front Nutr. 2025 Apr 28;12:1526025. doi: 10.3389/fnut.2025.1526025. PMID: 40357037; PMCID: PMC12068862.
Cerantonio A, Greco BM, Citrigno L, De Benedittis S, Qualtieri A, Maletta R, Montesanto A, Passarino G, Spadafora P, Cavalcanti F. Epigenetic Clocks and Their Prospective Application in the Complex Landscape of Aging and Alzheimer's Disease. Genes (Basel). 2025 May 30;16(6):679. doi: 10.3390/genes16060679. PMID: 40565571.
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.