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Das Alpha-Gal-Syndrom – Wenn ein Zeckenstich eine Nahrungsmittelallergie auslöst
Viele verbinden Zecken ausschließlich mit FSME oder Borreliose. Tatsächlich können sie jedoch eine ganze Reihe weiterer bislang eher unbekannter Krankheiten übertragen.
Auch beim so genannten „Alpha-Gal-Syndrom“ steckt ein Zeckenstich dahinter. Betroffene entwickeln nach dem Biss bestimmter Zeckenarten eine Allergie gegen einen Zuckerbaustein, der nur in tierischen Produkten vorkommt. Diese ungewöhnliche Form der Nahrungsmittelallergie sorgt derzeit weltweit für zunehmende Aufmerksamkeit und Forschungstätigkeit – und für viele Betroffene für eine massive Einschränkung ihrer Essgewohnheiten.
Alpha-Gal ist die Kurzform für Galactose-α-1,3-Galactose, einen Zucker, der in fast allen Säugetieren vorkommt – jedoch nicht im menschlichen Organismus. Gelangt dieser Zucker durch Fleischkonsum in den Körper, kann er bei sensibilisierten Personen eine allergische Reaktion auslösen. Sensibilisiert bedeutet in diesem Fall: Der Körper wurde durch den Speichel bestimmter Zeckenarten, etwa der Lone-Star-Zecke in den USA oder auch der Gemeinen Holzbock in Europa, mit Alpha-Gal in Kontakt gebracht. Das Immunsystem reagiert darauf, bildet Antikörper – und fortan wird Fleisch oder tierisches Fett von ihm als Gefahr eingestuft.
Besonders tückisch am Alpha-Gal-Syndrom ist der zeitliche Verlauf. Klassische Lebensmittelallergien machen sich meist innerhalb von Minuten bemerkbar. Bei Alpha-Gal dagegen treten die Beschwerden oft 3–6 Stunden nach dem Verzehr von rotem Fleisch oder anderen tierischen Produkten auf. Das erschwert die Diagnose erheblich.
Typische Symptome sind:
- Hautreaktionen wie Nesselsucht, Rötungen oder Juckreiz
- Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchkrämpfe oder Durchfall
- Schwere Fälle können bis zur Anaphylaxie führen, einem lebensbedrohlichen allergischen Schock
Nicht nur Fleisch, sondern auch Produkte wie Gelatine und Innereien können Reaktionen auslösen.
Die Diagnose stellt meist eine Herausforderung dar. Vor allem, weil hierzulande die meisten Ärzte noch nie von dem Syndrom gehört haben. Betroffene berichten oft von einem langen Weg (bis zu sieben Jahren), bis die richtige Erklärung für ihre Beschwerden gefunden wird.
In den USA ist die Aufklärung diesbezüglich schon sehr viel weiter.
Herkömmliche Allergietests auf klassische Eiweiße schlagen nicht an – stattdessen muss gezielt auf Alpha-Gal-Antikörper untersucht werden.
Eine heilende Therapie gibt es derzeit nicht. Die Behandlung besteht darin, konsequent auf auslösende Nahrungsmittel zu verzichten. Viele Patienten stellen ihre Ernährung auf Geflügel, Fisch, pflanzliche Kost und Milchprodukte (sofern verträglich) um. In schweren Fällen wird das Mitführen eines Notfallsets mit Adrenalin-Autoinjektor empfohlen.
Die Diagnose bedeutet für viele eine große Umstellung. Spontane Restaurantbesuche werden schwierig, weil Zutatenlisten oft unklar sind. Auch soziale Situationen wie Grillabende können zur Belastungsprobe werden. Auf der anderen Seite berichten Betroffene, dass sie durch die neue Ernährung bewusstere Entscheidungen treffen.
Da Zecken die Auslöser sind, liegt der wichtigste Ansatz in der Prävention. Dazu gehören:
- Lange Kleidung und Zeckenschutzmittel bei Aufenthalten im Grünen
- Gründliches Absuchen des Körpers nach Aufenthalten im Freien
- Rasches und korrektes Entfernen von Zecken
Das Alpha-Gal-Syndrom zeigt eindrucksvoll, wie ein kleiner Zeckenstich das Leben grundlegend verändern kann. Auch wenn es keine Heilung gibt, lassen sich die Beschwerden durch eine konsequente Ernährungsumstellung gut kontrollieren. Wer nach rotem Fleischgenuss wiederholt allergische Reaktionen verspürt – besonders mit ein paar Stunden Verzögerung – sollte das Syndrom in Betracht ziehen und ärztlich abklären lassen.
Quellen:
www.alphagalinformation.org
Ross M, Daley G, Burnard ML, Sen A, Beyene E, Bisrat M, Zinabu SW, Abrie M, Michael M. Alpha-Gal on the Rise: The Alarming Growth of Alpha-Gal Syndrome in High-Risk Regions. Cureus. 2025 Jul 21;17(7):e88415. doi: 10.7759/cureus.88415. PMID: 40842775; PMCID: PMC12365936
Erickson LD, Wilson JM, Cramton K, Rival CM. Pre-clinical strategies and emerging technologies driving advances in the alpha-gal syndrome. Allergol Int. 2025 Jul;74(3):397-405. doi: 10.1016/j.alit.2025.03.004. Epub 2025 Apr 2. PMID: 40180833; PMCID: PMC12213209.
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.