Würden Sie gerne in die Zukunft schauen?


Ich schon, ich würde nur zu gerne wissen, was Mediziner in 100 oder 200 Jahren über unsere heutigen Medikamente und Operationen denken. (Naja: weiß ich bereits).

Mit unserem jetzigen Wissen wundern wir uns über den Aderlass im Mittelalter. Wie konnten die damals nur! Dramatische Schwächung des sowieso erschöpften Körpers. Das hat doch alles überhaupt nichts gebracht. Die hatten „keine Ahnung von Medizin“. Da musste man froh sein, wenn man die Behandlung beim Arzt überlebte.

Und heute? Ist unsere Medizin wirklich so fortschrittlich?


  • ACE-Hemmer sollen den Blutdruck senken, führen aber oft zu chronischem Husten. Was wird gemacht? Nicht der ACE-Hemmer abgesetzt, sondern Medikamente gegen chronische Bronchitis verschrieben. Die wirken natürlich nicht, denn der Husten kommt gar nicht von einer Bronchitis.
  • Das Diabetes-Mittel Metformin senkt die Glukose-Produktion in der Leber und verzögert die Aufnahme von Glukose aus dem Darm. Viele, die das Mittel einnehmen, haben daraufhin Verdauungsprobleme oder einen gestörten Geschmackssinn. Kohlenhydrate einfach weglassen hat den gleichen Effekt – ohne die schädlichen Nebenwirkungen.
  • SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) erhöhen die Serotonin-Konzentration im Gehirn. Tryptophan, das natürlicherweise den Serotoninspiegel anhebt, darf man leitliniengerecht (!) dann nicht mehr einnehmen. Es kann, so wird tatsächlich behauptet, zu einer lebensgefährlichen Überreaktion (… zu viel Glück!!!) kommen, dem Serotonin-Syndrom (News vom 03.12.2018).
  • Jährlich sterben in Deutschland über 30.000 Menschen an den Nebenwirkungen der Medikamente, die sie einnehmen (siehe News vom 01.03.2020). Wieviel starben 2020 an der Corona-Katastrophe? 27.000? Folge? Lockdown eines ganzen Landes.

Verstörende Frage: Vielleicht doch nichts anderes als Aderlass?

Unlängst bin ich auf ein treffendes Zitat eines kanadischen Arztes gestoßen, der sich besonders für Medizingeschichte interessiert:


„Wir fragen uns vielleicht, warum die Praxis des Aderlassens so lange bestand. … Mit unserem gegenwärtigen Verständnis von krankhaften Veränderungen könnten wir versucht sein, über solche Therapien zu lachen. Aber was werden Ärzte in 100 Jahren von unserer aktuellen Praxis denken? Vielleicht staunen sie über unsere Überbeanspruchung von Antibiotika, über unsere Neigung, mehrere Medikamente gleichzeitig zu verschreiben und über die Schwerfälligkeit von Behandlungen wie Strahlentherapie und Chemotherapie.“


Eine Antwort liegt nicht ohne Weiteres auf der Hand. Mir hat sich unauslöschlich eine Karikatur mit folgender Unterschrift eingeprägt.


„Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergeblich“.


Ich versteh jeden, der abendlich sein Fläschchen (Diminuitiv!) Rotwein braucht.
Wie macht´s die Kanzlerin?

Quelle: Gerry Greenstone: The history of bloodletting. In: British Columbia Medical Journal, Bd. 52 (2010), No. 1 (Januar/Februar), S. 12–14