Eine Glücksbotschaft. Eine freudige Nachricht. Gesundheit statt Krankheit. Unerhört für ein Magazin wie den Spiegel. Die deutsche Krankheit (nach Prof. A. Grosser). Darf ich Ihnen dieses unglaubliche Wunder weitergeben? Dann mal los. Die Überschrift lautet, und da reißt es einen förmlich vom Stuhl:

Meine Erkrankungen sind alle weg.

Was soll das? Ein neues Chemotherapeutikum? Ein Elektrostimulationsgerät? Eine raffinierte neue Operation? Denn schließlich geht es hier wörtlich um Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Arthrose, zu hohes Blutfett. Also typisch das metabolische Syndrom fetter Menschen (ausdrücklich, die Dame wog 111 Kilogramm).

Sind Sie gespannt genug? Was ist denn nun das Wundermedikament? Hat Pfitzer, hat Höchst, hat Bayer wirklich mal etwas Sinnvolles erfunden? I wo. Da hat sich jemand an dem guten alten Doktor Strunz orientiert. Das Wundermittel heißt nämlich 

Triathlon.

Das war’s auch schon. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Ihnen auch. Und das im Spiegel. Triathlon heilt. Alle Erkrankungen sind weg. Die Dame hat in 7 Monaten 34 Kilo abgespeckt und hat ihre Tabletten weggeworfen.

Da schaudert es jeden seriösen Arzt. Jeden Schulmediziner. Schaudert? Selbstverständlich: Der lernt hier im Spiegel Online, dass er überflüssig ist. Er, seine Arztpraxis, die Krankenhäuser. Eine Sensation.

Das schönste am Ganzen, das mit dem Triathlon war selbstverständlich nur low level. Hobbyklasse. Das eigentliche Geheimnis stammt wieder vom guten alten Doktor Strunz, den offenbar doch mehr Leute lesen, als er selbst glaubt. Das wirkliche Geheimnis?

Eiweißshakes

Und zwar nur Eiweißshakes. Sie überlesen mir das Wörtchen „nur“ regelmäßig. Die Dame hat die ersten drei Monate (noch einmal: drei Monate) absolut nur von Eiweißshakes gelebt. Fünf Stück am Tag. Weshalb haben Sie das noch nie probiert? Also noch einmal

  • Eiweißshakes
  • 3 Monate lang
  • 5 Stück täglich…sind 800 Kalorien

Resultat? Es sei gar nicht schlimm gewesen. Sie habe sich nie schlapp gefühlt und hätte heute natürlich – Jojo-Effekt – „ihr Essverhalten grundlegend umgestellt“.

Für mich, den alten Onkel Doktor, das Schönste an der Geschichte: Das ist ja nicht der Gewichtsverlust, das ist nicht einfach die Gesundheit, das ist nicht der Triathlon, das ist nicht das Wegwerfen von Tabletten, sondern…

…dass bei der Dame der Himmel aufgegangen ist. Sie hätte sich persönlich verändert. Sie geht jetzt viel offener auf Leute zu. Im Fitnessstudio hätte ihr ein älterer Herr (wahrscheinlich 70 Jahre) ein Kompliment gemacht. Er meinte, dass sie viel freundlicher sei als früher und eine 

völlig andere Ausstrahlung habe.

Weshalb hat der Spiegel eigentlich nicht schon vor 25 Jahren auf den guten alten Doktor Strunz gehört? Und einfach mal sein Seminar abgeschrieben? Oder teilgenommen? Und damit Millionen Menschen geholfen, ausnahmsweise. Ich weiß, ich weiß: Zu helfen ist nicht die Aufgabe von Journalisten. Die müssen kränken, nieder machen, Quote machen. Auf unsere Kosten. Stimmt schon so. Versteh ich ja alles.