Forever young – Selbstzeuge dieser Verheißung ist Dr. Ulrich Strunz. Der Porsche-Freund hat mit seinem Motto eine neue Volksbewegung ausgelöst:
Schneller, schöner und schlanker werden.
Von Philipp Waldeck (Text) Veröffentlicht in „Christophorus“, dem Porsche Magazin. Waldeck ist Chefredakteur des Wirtschaftsmagazines „trend“.

Wenn Ulrich Strunz den Raum betritt, geht die Sonne auf. Die Lüster strahlen, die Tischkerzen zeigen Tendenz, sich selbst zu entzünden. Da kommt einer fröhlich des Weges, der vor fünf bis zehn Jahren den Zenit seines Lebens erreichte und diesen nie mehr verlassen will. Einer, der mit hohem inneren Feuer unterwegs ist und vom Gipfel des erfolgreichsten Gesundheits-Gurus einfach nicht mehr abstieg.
Er machte seinen Gipfel zur fruchtbaren Hochebene, wandert und predigt auf höchsten Niveau – forever young. Von Zeit zu Zeit schichtet er mit Buchbestsellern weitere Hügel auf, offenbar unbeeindruckt von Neidern und Gegnern, die zahlreich des Weges kamen, als er anfing, ein sehr reicher Mann zu werden, dem alles glückte.

Die Basis seines Erfolgs ist eine trügerisch simple Dreistufentheorie, über der ein großer Wille wohnt. Der Wille: Als Arzt den Menschen zu helfen, garantiert aktiver, gesünder und glücklicher zu werden. Er verfolgt dieses Ziel mit gebotener Leidenschaft und einem Dreischritt:

  • kluge Bewegung
  • kluge Ernährung
  • kluge innere Haltung

Wahrscheinlich hat kaum jemand aus so einfachen Worten so viel gemacht wie Strunz.

Es gibt ein Eigenschaftswort, das diesen Mann umfaßt: hell, in jeder Hinsicht, auch optisch. Er trägt helle, weiße, auch pastellfarbene Jacken über dunklen T-Shirts oder dunkle Sakkos über hellen T-Shirts, weil er nichts dagegen hat, zur Fröhlichkeit der Welt beizutragen. Sein kurzes Haar ist so perfekt geschnitten, als flöge er täglich zu einem Mailänder Figaro. Das Haar ist schneeweiß und trägt seltsam zum Eindruck bei, der nunmehr 57-jährige sei jugendlich. Sein Lächeln ist vollendet locker; es explodiert beinahe in der Dunkelheit des sonnengebräunten Gesichts. Es ist die natürliche Bräunung jener, die Porsche-Cabrios fahren und/oder jeden Tag in frischer Luft laufen.

Beim Treffen überrascht zunächst sein Kopf. Er sieht genau so aus, wie wir ihn von den Strunz-Plakaten kennen, die an das berühmte Us-Army-Sujet erinnern, wo Uncle Sam mit ausgestrecktem Zeigefinger sagt: „I want You!“. Strunz lockt die Passanten mit dieser Geste zu seinen Vorträgen, die keineswegs billig, aber durchwegs ausverkauft sind. Die Plakate wirken ein wenig grell, geschönt, übertrieben. Umso überraschender die Wirklichkeit. So viel zum Kopf.

Der Köper ist, so weit wir das ahnen können, der eines Ultra-Triathleten. Als erster Mensch startete er innerhalb eines Jahres bei allen sechs Ultra-Triathlons. Begonnen zu laufen hat er erst im zarten Alter von 45 Jahren. Auch mit freiem Auge ist zu erkennen, daß Strunz die ersten zwei Punkte seiner dreifaltigen Theorie ernst nimmt: Bewegung und Ernährung.
Was aber ist mit dem dritten Punkt, der richtigen inneren Haltung? Einer meditativen, vielleicht auch ethischen Einstellung? Darf auch diese bei Dr. Strunz vermutet werden? Antwort: wahrscheinlich „Ja“. Zumindest schimmert sie in vier Punkten durch.

  • 100-Meter-Läufe können auch hirnlos gewonnen werden; Ultra-Triathlons nur mit einem klugen, meditativen Kopf, der Schmerzen verstecken kann.
  • Der eingangs erwähnte Lichteffekt, mit dem er auftritt, eine Aura guten Gewissens, dürfte eine Spiegelung innerer Ruhe sein.
  • Strunz hat eine eigene Art zu gehen. Er hat den elastischen Gang des leichtgewichtigen Lauf-Trainierten, dem das normale Gehen eine Unterforderung ist. Bei ihm wirkt dieser Gang nicht geziert. Er geht mit der Heiterkeit eines Mannes, der gelernt hat, seinen eigenen Geschichten zu vertrauen, die er den 10000 Seminarkunden pro Jahr erzählt.
  • Das Phänomen, daß Ulrich Strunz auch materiell eine Ausnahme von der Regel ist. Er wurde mit zunehmendem Reichtum nicht geiziger, sondern großzügiger. Ein Beispiel: Der Salzburger Unternehmer Wilhelm Pilz, ein skeptischer Geist, wollte nach einem Strunz-Vortrag noch mehr wissen; er reiste dem deutschen Arzt in dessen Privat-Ordination nahe Nürnberg nach, um noch tieferes Wissen über Gesundheit, aerobes Laufen, Essen und Trinken zu erfahren. Als Dr. Pilz die Rechnung verlangte, sagte Dr. strunz: „Ich danke Ihnen. Ich habe durch Ihre Fragen mehr gelernt als Sie durch meine Antworten.“ Pilz, 50, lief übrigens bald danach seinen ersten Marathon.

Mehr Bewegung? Besser essen? Positiver denken? Das kann doch nicht alles sein als Basis eines Bekanntheitsgrades, den Strunz heute hat?

Ist auch nicht alles. Bei weitem nicht. Aber die drei Pfeiler der Strunz-Lehre können hier nicht seriös verfeinert werden. Die Seminare und Bücher sind auch deshalb erfolgreich, weil die Reden und Texte lebhaft, bilderreich, assoziativ und hoch motivierend sind. Sie sind die kürzeste Fassung zum Thema, die Dr. Ulrich Strunz als Mediziner vertreten kann.

Als Dr. Strunz` Hauptverdienst wird im Rückblick „die wirksame Warnung vor irregeleitetem Sport-Ehrgeiz“ genannt: Er hat das ungehemmte Joggen in die gesunden Gefilde des aeroben Laufens getragen, in niedrigere Pulsbereiche, in denen Fett, nicht Zucker, verbrannt und das Herz gestärkt, nicht gefährdet wird. Danach widmete er sich der Ernährung, dem Denken und dem Muskel, in dieser Reihenfolge.

Mein Vorschlag: Seine Bücher lesen und dann, wenn Strunz himself in der Nähe ein Seminar hält, die Emotion dazukaufen. Die Bücher laufen alle unter dem Label „Forever Young“. Die Bücher sind Bestseller. Verkaufte deutschsprachige Auflage: über eine Million. Sie sind trotzdem gut und können ein Leben verändern.
Was einzig nachdenklich macht, ist der keimfreie, verdächtig saubere, geradlinige Aufstieg des Dr. Ulrich Strunz selbst. Sollte er der Einzige sein, dessen Licht keine Schatten kennt? Ich habe mir größte Mühe gegeben und mit dem feinsten Kamm drei Schatten aus dem Stardust gefiltert.

Erstens mußte auch er sich eher schmerzhaft von früheren Partner trennen, ehe er zur singulären Marke wurde.

Zweitens hat er noch eine kleinbürgerliche Visitenkarte, auf der alle akademischen Titel und Vornamen verzeichnet sind.

Drittens ließ sich der ursprünglich geradlinige, frontal referierende Vortragende im Zug seines Erfolgs hinreißen, plötzlich vom Pult weg über die Bühne zu tanzen, eine Art Off-Broadway-Perfomance, die seine Kunden nicht wirklich glücklich macht.

Allerdings: Verletzen kann man den Manager-Guru mit dieser Kritik nicht. Strunz hat eine Fähigkeit erlangt, die im deutschsprachigen Raum selten ist: Selbstironie. Auch eine Form des positiven Denkens, eine alltagstaugliche sogar.