Vitamin B12, auch bekannt als Cobalamin, ist ein Vitamin, das unter anderem für die Blutbildung, den Abbau von Homocystein, die Funktion des Nervensystems und den Energiestoffwechsel notwendig ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Vitaminen kann der Körper Vitamin B12 in erstaunlich großen Mengen speichern – und das über einen sehr langen Zeitraum. Ein gesunder Erwachsener speichert etwa 2000 bis 5000 Mikrogramm Vitamin B12, vorwiegend in der Leber. Daher reicht der B12-Vorrat in der Regel für drei Jahre, auch wenn kein Vitamin B12 mehr zugeführt wird.

Viele Ärzte denken leider, ein B12-Mangel sei selten – das stimmt aber nicht. In Deutschland sind laut Studien 5 bis 15 Prozent der Erwachsenen betroffen.

Bei Menschen über 65 Jahren liegt die Zahl sogar bei bis zu 30 Prozent. Besonders auffällig ist die Statistik bei Veganern: Bis zu 80 Prozent zeigen niedrige Werte, wenn sie keine Supplemente nehmen. Auch Vegetarier sind gefährdet – je nach Ernährungsweise rund 20 bis 40 Prozent.

Bei Magen-Darm-Erkrankungen wie Gastritis, Zöliakie, Dauer-Einnahme von Säureblockern oder nach Magenoperationen sind sogar 30 bis 50 Prozent betroffen. Kurz gesagt: Ein B12-Mangel ist also alles andere als selten – nur bleibt er oft unbemerkt, weil kaum jemand den richtigen Laborwert misst.

Der klassische Vitamin-B12-Blutwert ist nur bedingt aussagekräftig. Aussagekräftiger ist der sogenannte Holo-TC-Test (Holotranscobalamin), da er den tatsächlich verfügbaren Anteil von Vitamin B12 im Blut misst. Fehlt Vitamin B12, macht sich das bemerkbar: Müdigkeit, Vergesslichkeit oder Kribbeln in Händen und Füßen sind typische Anzeichen, oder auch – ganz typisch – das Zungenbrennen.

Beim Blick auf die Etiketten von Nahrungsergänzungsmitteln begegnet man schnell verschiedenen Formen von Vitamin B12: Methylcobalamin, Cyanocobalamin, Hydroxocobalamin und Adenosylcobalamin.

Cyanocobalamin: Es ist eine synthetisch hergestellte Form von Vitamin B12, die besonders stabil und gut haltbar ist. Dabei ist das Molekül an ein winziges Cyanid-Ion (CN⁻) gebunden – daher der Name. Dieses Cyanid (Blausäure) wird im Körper beim Abbau abgespalten und anschließend neutralisiert und ausgeschieden. Die Menge ist extrem gering. Eine typische Dosis von 1.000 µg Cyanocobalamin enthält etwa 20 µg Cyanid das ist rund 500-mal weniger, als man z. B. über Leinsamen aufnehmen würde.

Methylcobalamin ist eine biologisch aktive Form von Vitamin B12, die vom Körper direkt genutzt werden kann. Es spielt eine wichtige Rolle im Nervensystem, bei der Bildung roter Blutkörperchen und bei der DNA-Synthese. Außerdem hilft es beim Abbau von Homocystein, dessen erhöhter Spiegel mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht wird. Im Vergleich zu anderen Formen von Vitamin B12 – wie Cyanocobalamin oder Hydroxocobalamin – muss Methylcobalamin nicht erst vom Körper umgewandelt werden.

Adenosylcobalamin ist neben Methylcobalamin die zweite aktive Vitamin-B12-Form. Es fungiert als Coenzym für das Enzym Methylmalonyl-CoA-Mutase (MCM). Dieses ist wichtig für den Abbau bestimmter Fettsäuren und Aminosäuren, indem es Methylmalonyl-CoA in Succinyl-CoA umwandelt. Succinyl-CoA wiederum ist ein Zwischenprodukt im Zitronensäurezyklus (Krebszyklus), der zentral für die Energiegewinnung in den Mitochondrien ist. Ein Mangel an Vitamin B12 in den Mitochondrien führt zu einem Anstieg der Methylmalonsäure im Blut, ein wichtiger Funktionsmarker, der im Blut bestimmt werden kann.

Hydroxocobalamin ist die Langzeitform oder auch eine Vorstufe der aktiven Formen, die im Körper besonders gut gespeichert wird. Der Körper kann es bei Bedarf in die aktiven Formen umwandeln. Darum wird es oft für B12-Injektionen verwendet – gerade bei starkem Mangel oder Problemen mit der Aufnahme im Darm.

Die gute Nachricht: Eine Überdosierung von Vitamin B12 – egal in welcher Form – ist praktisch unmöglich, da überschüssiges B12 über die Niere ausgeschieden wird. Der Körper reguliert die Aufnahme aktiv: Im Darm wird B12 nur in begrenzter Menge (ca. 1,5–2 µg pro Dosis) aktiv aufgenommen. Der Rest geht passiv in kleinen Mengen durch die Darmwand – oder wird ungenutzt wieder ausgeschieden. Selbst bei hoch dosierten Präparaten (z. B. 500–1.000 µg) wird nur ein kleiner Teil tatsächlich verwertet.

Grundsätzlich gilt gerade für Vitamin B12: Regelmäßig richtig (!) messen und lieber großzügig auffüllen, bevor der Körper in den Energiesparmodus geht – Ihr Kopf, Herz und Nervensystem werden es Ihnen danken.


Quelle:
Green R, Miller JW. Vitamin B12 deficiency. Vitam Horm. 2022;119:405-439. doi: 10.1016/bs.vh.2022.02.003. Epub 2022 Mar 11. PMID: 35337628.

Thakkar K, Billa G. Treatment of vitamin B12 deficiency-methylcobalamine? Cyancobalamine? Hydroxocobalamin?-clearing the confusion. Eur J Clin Nutr. 2015 Jan;69(1):1-2. doi: 10.1038/ejcn.2014.165. Epub 2014 Aug 13. PMID: 25117994.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.


Das Bild zeigt ein Porträt der News-Autorin Kyra Kauffmann.