Gegen die Natur. Gegen die Evolution. Sie erschrecken tagtäglich Ihre Gene, versündigen sich an Ihnen. Betätigen „die falschen Genschalter“. Wirklich? Ich doch nicht! Ich pass doch auf mich auf … im Straßenverkehr. Im Auto. Ja eben:


Sie sitzen.
Sie sollten laufen.


Ist es wirklich so schwer, einmal einen kleinen Blick hinaus in die Natur zu werfen? Welches Reh fährt einen Volkswagen? Welcher Fuchs einen Porsche? Ahnen Sie das Körnchen Wahrheit hinter diesen putzigen Sätzen?

Lassen Sie mich noch einmal beginnen. Mit einem verführerischen Begriff. Sie wissen: Ich betrachte es als meine Aufgabe, Sie zu verführen. Nicht zu kommandieren. Fange ich also nochmal an:

Souveränität und Gelassenheit, das sind beneidenswerte Eigenschaften. Souveränität. Eine innere Haltung. Diese Haltung ist ein Ziel. Ein Lebensziel.


Stellen Sie sich vor: Wenn Sie mit dieser Haltung nicht nur für eine Stunde, sondern jeden Tag, das ganze Leben lang reagieren und agieren könnten …


Zu Hause: Wenn Sie mit Ihren vier, fünf Kindern Tag für Tag souverän und mit innerer Ruhe umgehen könnten. Kinder wollen lächelnde Zuwendung. Erwachsene übrigens auch: Die Kollegen, die Kunden. Souveränität und Gelassenheit – das Leben wäre leichter für alle.

Nur: Wie werden wir so? Ich habe lange darüber nachgedacht. Bin dabei ganz am Anfang gelandet. Beim Frühmenschen, dem Vielläufer. Fakt ist: Wir sind die Menschen, die wir heute sind, weil wir im Laufe der Evolution so viel herumgelaufen sind. In aufrechter Haltung. Mit starkem Rückgrat. Jeden Tag sind wir Marathon gelaufen. Das hat uns zum Menschen gemacht.


Souveräne Haltung, gelassene Ausdauer – das war mal ganz normal. Wie kommen wir nun dahin zurück? Ich meine: indem wir laufen!


Schauen Sie sich an: Sie sind ein Läufer. Ihre Füße sind optimal an sehr lange Fußmärsche angepasst (zum Vergleich: Tatzen? Flossen!?). Die Muskulatur in Ihren Beinen, Ihre Sehnen, die Position Ihrer Wirbelsäule und Ihres Brustkorbs, die Form Ihres Halses und die Art, wie Ihr Kopf oben drauf sitzt: Ihre gesamte »Konstruktion« macht Sie zu einem Geschöpf, das ideal darauf abgestimmt ist, stundenlang hinter Antilopen herzurennen, dabei geradeaus zu gucken und gelegentlich sogar nach hinten über die eigene Schulter. Um zu prüfen, ob ihre lieben Mitläufer noch da sind. Oder schon gefressen.


Die Evolution hat uns Mensch als Läufer so perfektioniert, dass wir unsere Kräfte erstaunlich effektiv einsetzen können. Heißt: Wir kommen mit relativ wenig Muskelmasse und relativ wenig Energiezufuhr ziemlich weit. Schimpansen brauchen für den aufrechten Gang viel mehr Muskeln und Energie.


Für den Frühmenschen war das von Vorteil. Der musste möglichst effektiv hinter der Antilope herrennen. Erst dann bekam er sein mageres Mittagessen.

Nach dem Essen sollst Du ruh`n oder tausend Schritte tun.« So heißt es so schön, das hilft aber nix. Unsere Vorfahren und afrikanische Buschleute leben mancherorts heute noch so – die rannten am Tag mal locker 20, 30 Kilometer vom Lager weg und kamen am Abend wieder. Macht insgesamt eine ordentliche Marathonstrecke. Eine Distanz, die aus Sicht der Evolution hundertprozentig zum Geschöpf Mensch passt.

Verstanden? Also? Auf gehts. Laufen Sie. Laufen Sie täglich. Fangen Sie ganz klein an (Sie erinnern sich: Trippeln auf der Stelle im Wohnzimmer) und jubeln Sie schlussendlich am Samstag morgens, 8 Uhr, beim Zieleinlauf in Biel nach 100 km.

Glauben Sie mir: Überblick, Abstand, Souveränität kann man sich erlaufen.

Das funktioniert Schritt für Schritt. Stück für Stück. Beginnt mit wachsender Ausdauer und führt über mehr Gesundheit (kein Herzinfarkt) zu strahlendem Glück (Endorphine). Sehen Sie: Das nenne ich einen runden Menschen.

Beginnt heute, beginnt jetzt sofort mit ein paar kleinen Trippelschritten auf der Stelle im Wohnzimmer. TUN.