Wie etwa 25 % der Bevölkerung bin ich Trägerin des APOE4-Gens. Damit habe ich nicht nur ein erhöhtes Risiko für Alzheimer, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Das APOE-Gen kodiert das Protein Apolipoprotein E, das eine wichtige Rolle im Lipid- und Cholesterintransport hat, besonders im Gehirn und in der peripheren Lipidstoffwechselregulation. Es gibt drei häufige Allele: APOE3 ist die „Standard“-Variante, APOE2 gilt oft als etwas protektiv, und APOE4 ist der stärkste genetische Risikofaktor für die Alzheimer-Erkrankung. APOE vermittelt unter anderem den Transport von Cholesterin und Phospholipiden zwischen Zellen und beteiligt sich an der Lipid-Efflux (d. h. dem Hinausbefördern von überschüssigem Cholesterin) über Transporter wie ABCA1. Wer APOE4 in seiner DNA trägt, hat ein weniger effizientes Transportsystem für Cholesterin. Das führt dazu, dass Cholesterin – insbesondere auch LDL – viel leichter im Blut ansteigt und sich so in den Gefäßen und im Gehirn ablagern kann. Auf lange Sicht erhöht das Risiko für Arteriosklerose und eben auch für neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere für Alzheimer.

APOE4-Träger neigen daher leider auch bei vorbildlich-gesundem Lebensstil zu hohen Cholesterinwerten. Ich selbst z. B. bin so ein typischer Fall: Ich bin schlank, sportlich, habe kein Bauchfett, trinke nie Alkohol, meine Triglyzeride sind schon immer auf einem sehr niedrigen Niveau, genauso wie mein HbA1c. Aber mein Cholesterin war leider schon immer etwas erhöht, auch das LDL-Cholesterin. Seitdem ich um mein APOE4-Gen weiß, ist mir auch klar, warum.

Genau deshalb beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Ernährung und APOE4 – und habe zuletzt sogar einen kleinen Selbstversuch gemacht.

Über sechs Wochen hinweg habe ich täglich vier Eier gegessen und davor sowie danach meinen Cholesterinspiegel messen lassen. Das Ergebnis war eindeutig: Sowohl mein Gesamtcholesterin als auch das LDL („schlechte“) Cholesterin stiegen um etwa 20 Punkte an.

Als ich den Eierkonsum wieder auf zwei Eier pro Woche reduzierte, sanken meine Werte auf das ursprüngliche Niveau. Natürlich ist das nur ein persönlicher Selbstversuch und keine wissenschaftliche Studie – aber es deckt sich mit den bereits bestehenden Studien: APOE4-Träger reagieren sensibler auf Nahrungscholesterin.

Eier sind selbstverständlich grundsätzlich gesund: Sie liefern hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Aber sie enthalten eben auch viel Cholesterin. Während die meisten Menschen das gut ausgleichen können und der tägliche Verzehr von Eiern weitestgehend keinen Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat, zeigen Studien, dass APOE4-Träger hier deutlich vorsichtiger sein sollten.

Auch der Alzheimer-Experte Prof. Dale Bredesen, der seit Jahren die Auswirkungen des APOE4-Gens erforscht, bestätigt dies: Menschen mit dieser Genvariante verarbeiten Cholesterin und auch gesättigte Fettsäuren anders als andere – und sollten das bei ihrer Ernährung unbedingt berücksichtigen. Eine Ernährung mit vielen gesättigten Fettsäuren und vielen Eiern ist für sie ungünstig. Besonders gut verträglich und vorteilhaft sind für sie hingegen einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren aus Nüssen, Avocados, Oliven, Seefisch und Meeresalgen.

Heißt das: Eier sind für APOE4-Träger verboten? Nein! Aber es ergibt Sinn, sie bewusst und nur in Maßen zu genießen – am besten 2–3 Eier pro Woche.

Das Wissen um die eigenen Gene bedeutet, Ernährung und Lebensstil an das individuelle Risiko anzupassen. So wird aus dem Gen kein unausweichliches Schicksal, sondern ein Hinweis, wie wir besser auf unseren Körper achten können.


Quellen:
Sun YY, Wang Z, Huang HC. Roles of ApoE4 on the Pathogenesis in Alzheimer's Disease and the Potential Therapeutic Approaches. Cell Mol Neurobiol. 2023 Oct;43(7):3115-3136. doi: 10.1007/s10571-023-01365-1. Epub 2023 May 25. PMID: 37227619; PMCID: PMC10211310.

Jeong W, Lee H, Cho S, Seo J. ApoE4-Induced Cholesterol Dysregulation and Its Brain Cell Type-Specific Implications in the Pathogenesis of Alzheimer's Disease. Mol Cells. 2019 Nov 30;42(11):739-746. doi: 10.14348/molcells.2019.0200. PMID: 31711277; PMCID: PMC6883979.

Kriebs, A. APOE4 dysregulates cholesterol homeostasis in human microglia and astrocytes. Nat Aging 2, 565–566 (2022). https://doi.org/10.1038/s43587-022-00256-2



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.


Das Bild zeigt ein Porträt der News-Autorin Kyra Kauffmann.