Funktioniert. Funktioniert selbstverständlich. Sonst hätte diese uralte Weisheitslehre nicht Jahrtausende überdauert, oder? Sie bräuchten  nur herauszufinden, wie. Wie Astrologie funktioniert. Und es würde Ihnen wie Schuppen von den Augen fallen. 

Die Gebrauchsanleitung hatte ich Ihnen eigentlich schon genannt. In meiner kleinen Bücherliste. Michael Crichton „Im Kreis der Welt“ erklärt Ihnen Astrologie. In wenigen Sätzen. Treffend, für jeden verständlich. Sie haben‘s nur nicht gelesen…

Ob Sie nun Astrologie sagen oder Kaffeesatz lesen oder Eingeweideschau bei den Römern oder I Ging oder Tarot sagen…gleichgültig. Fußt alles auf der gleichen Grundidee. Beantwortet Ihnen brennende Lebensfragen, löst aktuelle Probleme, sagt Ihnen die Zukunft voraus. Kein Problem. Am besten zitiere ich den Meister selbst (Haben Sie ein Vorstellung, wer Crichton war?). Der erklärt das Wahrsage-Prinzip am Beispiel I Ging.

„Bei dieser chinesischen Weissagungsmethode wirft man sechs Mal drei Münzen (es gehen auch Schafgarbenstengel), führt Berechnungen durch und schlägt dann die Antwort in einem Text nach.

Der Grundmechanismus des I Ging musste natürlich derselbe sein wie beim Tarot – es sollte dem Unterbewusstsein einen mehrdeutigen Reiz anbieten. Die Textantworten, die das I Ging liefert, lassen sich ebenso in unterschiedlicher Weise auslegen wie die Aussagen der auf das visuelle Wahrnehmungsvermögen zielenden Bilder des Tarots.

Gerade das, was naturwissenschaftlich orientierten Menschen beim I Ging stets gegen den Strich geht – nämlich dass seine Textaussagen „alles Mögliche“ bedeuten könnten -, begann mir einzuleuchten. Selbstverständlich können sie alles Mögliche bedeuten! Genau das war ja erwünscht: ein neutraler Rorschach-Test, den das Unbewusste ausdeuten konnte. Wären die Textzeilen eindeutig, hätte es keinen Anteil daran…

Natürlich kann uns das Buch keine Antwort liefern. Dazu ist es nicht imstande. Aber wir besitzen diese Fähigkeit. Wir können unsere eigenen Fragen beantworten. Wir besitzen die Antwort bereits, müssen nur Zugang zu ihr finden…

Zweck des I Ging oder der Tarot-Karten ist es also, den Menschen einen Zugang zu sich selbst zu eröffnen, indem ihnen etwas Mehrdeutiges präsentiert wird, das sie auslegen können. Und diese Mehrdeutigkeit findet sich bei nahezu allen anderen Formen der Weissagung – ob man nun Blei gießt, in Eingeweiden liest, das Wetter oder den Flug der Vögel beobachtet – sämtliche Dinge, die man entweder als „Vorzeichen“ auslegen oder ignorieren kann.

Gerade das, was diese Voraussage-Verfahren so unwissenschaftlich erscheinen lässt, ermöglicht es ihnen, ihre Aufgabe zu erfüllen.“

Verstanden? Das war doch einfach, oder?

PS: Astrologie habe ich jahrelang in Hirsau studiert. Bei einer ganz raffinierten alten Dame, einer gelernten Tiefenpsychologin. Letzte Schülerin von C. G. Jung. Die hat uns in Wahrheit Tiefenpsychologie gelehrt unter dem Deckmantel Astrologie. Um uns anzulocken natürlich. Das ging gemein unter die Haut. Alle halbe Stunde hat jemand im Auditorium still vor sich hin geweint. Ich war jedes Mal wochenlang fix und fertig. Weil die Dame natürlich auch mich getroffen hat. Voll ins Schwarze. Astrologie… Ach was: Tiefenpsychologie.

Quelle: M. Crichton „Im Kreis der Welt“ Seite 276.