Als kleines Mädchen war ich ein großer Fan der griechischen Mythologie. Ich sehe mich noch wie heute gemütlich auf dem Sofa liegen und fasziniert meiner Langspielplatte „Griechische Sagen“ lauschend. Ganze Nachmittage habe ich damit verbracht, diesen schaurigen und blutrünstigen Geschichten zu lauschen. Mein Held war Prometheus. Der schöne junge Titan - zumindest war er das in meiner Phantasie - hatte den Göttern das Feuer geraubt und es den Menschen geschenkt. Göttervater Zeus war darüber so erbost, dass er Prometheus mit unlösbaren Fesseln an einen Felsen schmieden ließ. Einmal täglich kam ein Adler vorbei, der ihm einen Teil seiner Leber wegfraß, die sich bis zum nächsten Tag wieder erneuerte. Eine wirklich gruselige Geschichte!

Erst Jahre später wurde mir bewusst, was für ein Sinnbild hinter dieser Geschichte steckt. Die Leber meines Helden Prometheus regenerierte sich tagtäglich, wie es auch UNSERE Leber tut, obwohl wir ihr dauernd auf übelste Weise mitspielen.

Doch dieses ca. 1,5 kg schwere Organ ist duldsam, nimmt die vielen „Bierchen“, „Weinchen“ und „Schnäpschen“ (wir sprachen darüber: https://www.strunz.com/news/die-kleine-silbe-chen.html ) genauso stumm hin wie die Kopfschmerztabletten nach der ausgelassenen Party und die anderen Medikamente, die Sie so schlucken. Sie toleriert auch die 95 g reinen Zucker, die der Deutsche statistisch täglich isst, genauso wie die Lebensmittelzusatzstoffe und trans-Fette aus industriell gehärteten Ölen.

Die Leber steckt das weg, regeneriert sich auf wundersame Weise immer wieder und wieder, tagein, tagaus, ein Leben lang.
Der Mediziner Dr. Olaf Bergmann und sein Team vom Zentrum für regenerative Therapien der TU Dresden konnten mithilfe der Radiocarbonmethode ermitteln, dass es in unserer Leber zwar auch Zellen gibt, die eine ganzes Jahrzehnt halten, aber ein Großteil der Zellen weniger als drei Jahre alt ist. Und das unabhängig vom Lebensalter!

Selbst, wenn man mehr als die Hälfte unserer Leber operativ entfernt, ist diese in der Lage sich innerhalb weniger Wochen wieder komplett zu vervollständigen.
Aus diesem Grunde können auch Leberteilstücke von noch lebenden Spendern auf andere Menschen übertragen werden und dort anwachsen. Beim Organspender wächst das abgetrennte Stück wieder nach. Sensationell, oder?

Doch alles hat seine Grenzen. Jahrzehntelange „Kohlenhydratmast“ oder pausenloser Alkoholkonsum lassen unsere Leber zunächst verfetten, dann vernarben.
Endstadium: Leberzirrhose. Nix geht mehr.
Das vernarbte Bindegewebe ist einfach nicht mehr in der Lage, seinen Job zu erfüllen. Speicherung von Nährstoffen, Hormonbildung, Entgiftung und Recycling, all das ist dann nicht mehr möglich. Nie mehr!

Das Tragische dabei: dieser schleichende Tod unserer Leber tut nicht weh.
Und die ständige Müdigkeit, die leicht gelbliche Augenfarbe sowie die dicke Wampe lassen sich erst einmal vortrefflich ignorieren. Veränderungen sind ja so mühsam!

Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer etwas für seine Leber zu tun:
Starten Sie in Ihren Tag mit einem großen Glas warmen Wasser. Nein, kein Kaffee, kein Tee. Wasser, reines Wasser!
Trinken Sie wenigstens an drei Tagen pro Woche gar keinen Alkohol, essen Sie viel Grünzeug und Bitterstoffe, dann darf es auch gerne mal ein Lebertee sein.
Hören Sie endlich auf, sich mit Gummibärchen, süßen Getränken und Unmengen Fruchtzucker zuzumüllen.
Zucker ist keine „Nervennahrung“, Alkohol hilft nicht beim Entspannen, auch wenn Ihnen die Werbung das immer wieder weismachen möchte.
Nehmen Sie nicht 7 Tage die Woche eine Schmerztablette ein, sondern versuchen Sie die Ursache für Ihre Schmerzen zu finden und zu beheben.

Und gönnen Sie ihrer Leber auch mal Urlaub. Schicken Sie sie von Zeit zu Zeit in die REHA, ins „Lebergenesungswerk“.
Wie? Indem Sie mal nix essen, ihr eine Fresspause gönnen.
Mal ein Wochenende fasten, nur zwei Mahlzeiten pro Tag essen, mit möglichst langen Zeiten dazwischen, schimpft sich „Intervallfasten“.
Oder mit einem „Entlastungstag“ pro Woche: nur ein grüner Smoothie und zwei Eiweißshakes am Tag. Macht keine Arbeit, kostet (fast) nichts und ist auch noch gut für die Figur.

Schenken Sie sich, ihrer Gesundheit und ihrer Leber einfach mehr Aufmerksamkeit.
Dann brauchen Sie auch den gefräßigen Adler nicht zu fürchten!


Quelle:

P. Heinke, F. Rost, J. Rode, P. Trus, I. Simonova, E. Lazar, J. Feddema, T. Welsch, K. Alkass, M. Salehpour, A. Zimmermann, D. Seehofer, G. Possnert, G. Damm, H. Druid, L. Brusch, O. Bergmann: Diploid hepatocytes drive physiological liver renewal in adult humans Cell Systems (Mai 2022)

Link: http://doi.org/10.1016/j.cels.2022.05.001



Über die Autorin:


"Die Biologin Ursula Bien, Jahrgang 1963, ging nach ihrer Zeit am Institut für Biotechnologie des Forschungszentrums Jülich in die Pharmaindustrie und war zuletzt 15 Jahre lang Geschäftsführerin eines kleinen forschenden Pharmaunternehmens. Ihr Arbeitsschwerpunkt lag dabei immer im Bereich der Hämatologie und Onkologie (Blutkrebs, Stammzelltransplantation, Tumore). Motiviert durch Fragen krebskranker Patienten, begann sie sich mit alternativen und komplementären Therapieverfahren zu beschäftigen. Sie absolvierte eine Zusatzausbildung als Heilpraktikerin und bildete sich über viele Jahre intensiv zu den Themen orthomolekulare Medizin und Ernährungsmedizin weiter. Nicht zuletzt durch den wissenschaftlichen Austausch mit Dr. med. Ulrich Strunz fand sie zum Thema Epigenetik und Bluttuning. Mittlerweile gibt sie die „Strunzsche Philosophie“ in eigener Praxis voller Überzeugung auch an ihre Patienten weiter.
Das sagt sie selbst zu ihrer Tätigkeit:

„So sinnvoll die Schulmedizin in vielen Bereichen auch ist, darf es bei chronischen Erkrankungen nicht das Ziel sein, Symptome zu unterdrücken. Es gilt, die Ursachen einer Erkrankung zu finden und abzustellen. Was durch Ernährungsumstellung, gezielte Zufuhr fehlender Mikronährstoffe und Bewegung erreicht werden kann, ist immer wieder verblüffend. Ich bin Dr. Strunz für das, was ich von ihm lernen durfte unendlich dankbar und freue mich für jeden Menschen, der am eigenen Leibe erfahren darf, dass manche Krankheiten nicht nur Schicksal sind.“